WERBERECHT
Werben für Zigaretten?
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Der BGH entscheidet erneut zu Zigarettenwerbung.
Können Sie sich erinnern, wann sie das letzte Mal eine Werbeanzeige für Zigaretten gesehen haben? Mittlerweile sind die EInschränkungen im Werberecht ja für Zigarettenhersteller sehr umfänglich. Sämtliche Fotos, die gut gelaunte Raucher abbilden oder auch nur den Eindruck erwecken, Rauchen könne „cool“ oder positiv sein, sind bereits verboten. Die Warnhinweise sind ja schon Standard. Neuerdings wurde in Europa auch die Pflicht eingeführt, abschreckende Bilder von verfaulten Füßen oder entfernten Kehlköpfen auf die Schachteln zu drucken — und das in einer Größe, die kaum noch den Schriftzug auf der Packung erkennen lässt. Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt in seiner neusten Entscheidung aber noch einen drauf.
Werbung auf der eigenen Homepage?
In der neusten Entscheidung geht es um die Werbung im Internet, genauer: auf der eigenen Homepage des Unternehmens. Nach Eingabe der Nutzerdaten im Rahmen der elektronischen Altersabfrage (noch so eine rechtliche Beschränkung) war auf der Startseite der Webseite ein Foto von vier Leuten abgebildet, die rauchten. Sie sehen, so heißt es in dem Urteil, lässig und gut gelaunt aus. Ein Verbraucherschutzbund sah darin eine unzulässige Tabakwerbung und klagte auf Unterlassung.
Ihm gaben nicht nur alle vorigen Instanzen, sondern schließlich auch der BGH in seiner Entscheidung Recht. Das Unternehmen wurde wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse verurteilt.Grundlage der Entscheidung ist eine europäische Richtlinie im Werberecht, die Werbung für Tabak in jedem „Dienst der Informationsgesellschaft“ verbietet, wenn sie die Produkte dem Betrachter näher bringt und als attraktiv darstellt.
Vorschriften im Europarecht
Darunter fallen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) alle auch unentgeltlichen Dienstleistungen, die auf Abruf durch den Empfänger gerichtet sind — also auch die Unternehmenswebseite, auf der die Dienstleistungen oder das Produkt des Herstellers angeboten wird. Hinzu komme, so die Richter, dass sich die Webseite gerade an die breite Öffentlichkeit richte und nicht nur bestimmten Personenkreisen, wie etwa den Lesern einer ausgewählten Zeitschrift, zukomme. Vielmehr sei die Seite von jedem Menschen weltweit abrufbar.
Was ist von dieser Entscheidung zu halten? Werbung ist nunmal eine mächtige Waffe. Sie beeinflusst nachweislich jene Personen, die ihr ausgesetzt sind, in starkem Maße. Es ist schlichtweg unverständlich, dass dieser Kriegszug im Werberecht nur Zigaretten aufs Korn nimmt — und für alles andere blind ist. Blind zum Beispiel für: Alkoholwerbung. Dabei ist Alkohol nicht nur ebenso schädlich, sondern in unserer derzeitigen Gesellschaft auch ein viel größeres Problem als das Rauchen, wo die Zahlen seit Jahren zurückgehen. Blind für: Werbung für Produkte, die nachweislich unter Verletzung von Menschenrechten in Indien hergestellt werden. Warum ausgerechnet und ausschließlich Tabakprodukte plötzlich in einem derart umfänglichen Maß gegen die Moral des Werberechts verstoßen, erschließt sich nicht.