STRAFRECHT
Zur Datenspeicherung trotz Freispruchs
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Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat
deutlich gemacht, dass die fortdauernde Speicherung von
personenbezogenen Daten, die im Rahmen der Strafverfolgung rechtmäßig
erhoben wurden, nicht automatisch unzulässig ist, wenn der Betroffene
im Strafverfahren freigesprochen wurde. Mit Beschluss vom 16. Mai 2002
hat die Kammer deshalb eine Verfassungsbeschwerde nicht zur
Entscheidung angenommen, deren Beschwerdeführer (Bf) erfolglos vor den
Verwaltungsgerichten die Löschung von über ihn beim Landeskriminalamt
geführten Daten verlangt hatte.
Gegen den Bf war wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von
Kindern ermittelt worden; das Amtsgericht hatte ihn aus Mangel an
Beweisen freigesprochen. Ein zweites Verfahren gleicher Art wurde nach
§ 153 a StPO eingestellt. Der Bf sah in der fortdauernden Speicherung
seiner Daten unter Anderem einen Verstoß gegen das Gebot der
Unschuldsvermutung.
Wie die Kammer feststellt, steht die Unschuldsvermutung der weiteren
Speicherung und Verwendung von Daten zur Verhütung oder Verfolgung
künftiger Straftaten grundsätzlich auch dann nicht entgegen, wenn der
Betroffene rechtskräftig freigesprochen worden ist, sofern die
Verdachtsmomente dadurch nicht ausgeräumt sind. Die Unschuldsvermutung
ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, zudem in Art. 6
Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Sie schützt
den Beschuldigten auch vor Nachteilen, die einem Schuldspruch oder der
Verhängung einer Strafe gleichkommen, ohne dass ein rechtsstaatliches
Verfahren zur Schuldfeststellung vorausgegangen ist. Die Feststellung
eines Tatverdachts ist jedoch etwas substanziell anderes als eine
Schuldfeststellung. Dementsprechend ist bei einer Verfahrensbeendigung
durch Einstellung nach § 153 StPO oder bei einem Freispruch unter
Hinweis auf einen Mangel an Beweisen der Tatverdacht nicht notwendig
ausgeräumt. Andererseits kann nicht festgestellt werden, dass ein
solcher Freispruch keine Auswirkungen auf die Entscheidung über die
Aufrechterhaltung der Speicherung hat. Vielmehr ist er bei der Prüfung
zu berücksichtigen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der
Datenspeicherung erfüllt sind und sie im konkreten Fall dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt. Diese Prüfung ist von den
Fachgerichten zutreffend vorgenommen worden. Das Oberverwaltungsgericht
durfte im konkreten Fall auch von einer hinreichenden
Wiederholungsgefahr ausgehen.
BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 2002 - Az. 1 BvR 2257/01 -