INTERNETRECHT
Abofallen im Internet
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
„Abofallen" im Internet
Kein Vertrag, wenn auf die Kosten nicht deutlich erkennbar hingewiesen wird und Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten bei unberechtigten Ansprüchen
(LG Mannheim, Urteil vom 14.01.2010, 10 S 53/09)
Urteil im Volltext: JurPC Web-Dok. 31/2010, Abs. 1 - 12
Häufig sind es die bekanntermaßen kostenlosen Programme (wie zum Beispiel Acrobat Reader von Adobe), bei deren Download plötzlich Kosten für den Nutzer entstanden sein sollen. Denn nach dem Download kommt die Rechnung und bei Nichtzahlung meist mehrere Inkassoschreiben. Es wird der Abschluß eines ein- oder mehrjährigen Vertrages behauptet, der den Nutzer zur Zahlung einer Jahresgebühr verpflichten soll. Und das, obwohl sich ein Hinweis auf Kosten für dieses Angebot meist nur schwer entdecken läßt.
Auch wenn die Rechnungsbeträge nur wenige hundert Euro ausmachen lohnt es sich doch, sich gegen diese zur Wehr zu setzen.
Immer häufiger entscheiden die Gerichte zugunsten der Verbraucher, wenn diese über die Kostenpflichtigkeit der Angebote getäuscht oder im Unklaren gelassen worden sind. Im Zwei-fel ist mit dem Anbieter, der sich später auf die Kostenpflichtigkeit eines solchen Angebotes beruft, kein Vertrag zustande gekommen, wenn beim Verbraucher der Eindruck erweckt worden ist, daß dieses Angebot keine Kosten verursacht. Häufig ist es gerade die Aufma-chung der Internetseite, die den Verbraucher glauben macht, das Angebot sei kostenlos.
Mangels Einigung über die Entgeltlichkeit der Leistung und den Preis kommt in der Regel kein Vertrag zustande. Dies haben die Gerichte schon mehrfach entscheiden (AG Gum-mersbach, Urteil vom 30.03.2009, 10 C 221/08; OLG Frankfurt, Urteil v. 04.12.2008, Az. 6 U 187/07)
Die Firmen lassen sich durch Rechtsanwälte oder Inkassofirmen vertreten lassen, um die Rechnungsbeiträge einzufordern. Ärgerlich ist, daß diese erst dann von ihren Forderungen Abstand nehmen, wenn die Betroffenen Rechtsanwälte einschalten, obwohl die abgegebe-nen Erklärungen bereits vorsorglich angefochten und widerrufen worden sowie Kündigungen ausgesprochen worden sind. Die Kosten für den Rechtsanwalt sehen die geprellten Nutzer meist nicht wieder. Das muß nicht sein.
Das Landgericht Mannheim hat jetzt in einem Fall entschieden, daß die Rechtsanwaltsko-sten zur Abwehr von unberechtigten Ansprüchen aus einem vermeintlich kostenpflichtigen Abonnement von Gratissoftware erstattungspflichtig sind (LG Mannheim, Urteil vom 14.01.2010, 10 S 53/09).
Begründet hat dies das Landgericht damit, daß der Anbieter der kostenpflichtigen Dienstlei-stungen aufgrund einer Vielzahl von Verbraucherbeschwerden gewußt habe, daß es sich um ein zumindest mißverständliches Angebot gehandelt habe.
„Nachdem aber die Beklagte, ohne selbst den Kläger zuvor kontaktiert zu haben und anzu-fragen, warum dieser auf die Rechnung der Beklagten nicht gezahlt hat oder ihn zumindest zu mahnen, sofort anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hat mit entsprechender Erhö-hung der Forderung um die Anwaltsgebühren, ist nicht zu beanstanden, daß sich auch der Kläger anwaltlicher Hilfe bedient hat, um auf den Schriftsatz des Anwalts der Beklagten ant-worten zu lassen."
Weiter führt das LG aus: „Sie ist auch von der Bedenklichkeit ihres Vorgehens überzeugt gewesen, wie sich daraus ergibt, daß sie ihre Forderung sofort hat fallen lassen, als sich der Kläger mit anwaltlicher Hilfe zur Wehr gesetzt hat."
Hieran zeigt sich erneut: Die Anbieter ignorieren Widerrufs- und Anfechtungserklärungen sowie Kündigungen, bis ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird und sie massiven Gegenwind zu spüren bekommen. Dessen Kosten können die Geprellten aber - wie das LG Mannheim nachvollziehbar dargestellt - von den Anbietern erstattet bekommen.
Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt
Im August 2010