BANKRECHT / KAPITALMARKTRECHT
Berlusconi darf keine qualifizierten Anteile an einer Bank halten
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Luxemburg (jur). Der italienische Unternehmer und Politiker Silvio Berlusconi darf keine qualifizierten Anteile an der Banca Mediolanum halten. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) bestätigte am Mittwoch, 11. Mai 2022, eine entsprechende Auflage der Europäischen Zentralbank (EZB) (Az.: T-913/16). „Aufgrund seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs im Jahr 2013 erfüllte er nicht die für Inhaber von qualifizierten Beteiligungen geltende Anforderung an den Leumund“, erklärten die Luxemburger Richter zur Begründung.
Der heute 85-jährige Berlusconi hat einen Großteil seiner Unternehmen in der Holdinggesellschaft Fininvest gebündelt. Diese gehört zu 63,3 Prozent ihm, der Rest verteilt sich auf seine fünf Kinder. Zu Fininvest gehört neben Italiens größtem Verlagshaus Mondadori und dem grüßten Anbieter für Privatfernsehen MediaForEurope (früher Mediaset) auch die Finanzholding Mediolanum. Durch eine Verschmelzung im Jahr 2015 erlangte Fininvest und damit Berlusconi einen Anteil von 30,12 Prozent an der Banca Mediolanum.
Die Auflage der italienischen Zentralbank, Fininvest müsse seine Anteile an der Bank auf unter 10 Prozent begrenzen, hatte vor den italienischen Gerichten keinen Bestand. Danach leiteten die italienische Zentralbank und die EZB gemeinsam ein neues Verfahren ein. Im Oktober 2016 untersagte die EZB Fininvest eine „qualifizierte Beteiligung“ an der Banca Mediolanum. Danach darf die Berlusconi-Holding an der Bank keine Anteile in einer Größenordnung halten, die zu einer Sperrminorität oder anderen Sonderrechten führt.
Gegen diesen EZB-Beschluss klagten Fininvest und Berlusconi. Das EuG wies diese Klagen nun ab. Für den „Erwerb einer qualifizierten Beteiligung“ an einer Bank verlange EU-Recht einen guten Leumund. Wegen der Verurteilung Berlusconis wegen Steuerbetrugs sei dies hier nicht erfüllt.
In dem sogenannten Mediasetverfahren ging es um schwarze Kassen, Scheinfirmen und fingierte Verkäufe in Berlusconis Fernsehimperium. Berlusconi war einer von insgesamt elf Angeklagten und wurde 2013 rechtskräftig wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Wegen eines Amnestiegesetzes aus 2006 musste er davon nur ein Jahr als Hausarrest absitzen.
Rechtlich hatten Berlusconi und Fininvest argumentiert, die Verschmelzung sei kein „Erwerb“ gewesen. Hierzu stellten die Luxemburger Richter klar, dass der im EU-Recht verwendete Begriff „Erwerb einer qualifizierten Beteiligung“ weit zu fassen ist. Danach umfasst er nicht nur Käufe, sondern auch Verschmelzungen – und auch Verschmelzungen innerhalb einer Holding wie hier der Finanzholding Mediolanum, wenn sich dadurch die rechtlichen Strukturen entsprechend ändern. Dies sei hier der Fall gewesen.
Gegen dieses Urteil können Fininvest und Berlusconi noch Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock