E-Mail-Versand ist noch kein Beweis für tatsächlichen Zugang
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Köln (jur). Eine von einem Arbeitgeber versendete E-Mail ist noch kein Beweis, dass diese auch tatsächlich beim Beschäftigten angekommen ist. Denn wie bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem am Montag, 21. Februar 2022, bekanntgegebenen Urteil klar (Az.: 4 Sa 315/21). Wolle ein Versender sicherstellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht, könne er mithilfe seines E-Mail-Programms eine Lesebestätigung anfordern.
Im konkreten Fall ging es um die Rückzahlung eines Darlehens, welches die Lufthansa einen angehenden Piloten für seine Ausbildung gewährt hat. Danach sollte der Pilotenschüler einen Eigenanteil von 60.000 Euro leisten.
Die Lufthansa erklärte sich bereit, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten, wenn dem Pilotenschüler innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung keine Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis angeboten wird.
Der Kläger schloss seine Ausbildung zum Flugzeugführer am 26. Oktober 2013 ab, die Frist zum Angebot eines Arbeitsvertrages endete damit am 26. Oktober 2018. Einen Tag später erhielt der Pilot per Post ein Arbeitsangebot. Ein Arbeitsvertrag wurde dann knapp einen Monat später geschlossen.
Die Lufthansa zog dann als Darlehensrückzahlung monatlich 500 Euro vom Gehalt des Klägers ab. Dieser hielt das Vorgehen für rechtswidrig, da ihm ja nicht innerhalb der Fünfjahresfrist ein Jobangebot gemacht wurde.
Der Arbeitgeber verwies darauf, dass das Arbeitsangebot bereits am 25. Oktober 2018 per E-Mail versandt und dann noch einmal per Post verschickt wurde. Mit dem E-Mail-Versand sei die Fünfjahresfrist eingehalten worden. Eine Meldung der Unzustellbarkeit der E-Mail habe sie nicht erhalten.
Der Kläger verwies darauf, dass er erst drei Tage später und damit zu spät die Mail erhalten hatte.
Das LAG urteilte, dass die Lufthansa unrechtmäßig die Darlehensraten einbehalten hat. Der Versender müsse den Zugang einer E-Mail darlegen und beweisen. Denn ob nach dem Versenden einer E-Mail die Nachricht bei dem Empfänger eingeht, sei nicht gewiss. Ebenso wie bei der normalen Post, sei es bei einer E-Mail technisch möglich, dass diese nicht ankommt. Da der Versender die Art der Übermittlung der Willenserklärung wähle, trage er auch das Risiko, wenn die Nachricht nicht ankommt.
Um den Zugang der Mail belegen zu können, hätte die Lufthansa auch in ihrem E-Mail-Programm eine Lesebestätigung anfordern können, so das LAG in seinem Urteil vom 11. Januar 2022.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock