PRüFUNGSRECHT
Prüflinge haben das Recht auf die Einsicht in schriftliche Antworten
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Luxemburg (jur). Prüflinge haben grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in ihre eigenen schriftlichen Antworten. Diese gehören zu den „persönlichen Daten“, für die ein Einsichtsrecht besteht, urteilte am Mittwoch, 20. Dezember 2017, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-434/16). Aus übergeordneten Gründen können die EU-Staaten das Einsichtsrecht allerdings beschränken.
Ein Mann aus Irland kann danach aber nun wohl näher ergründen, warum er durch seine Prüfung als Buchhalter gerasselt war. Die zuständige Berufsorganisation der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater hatte seinen Antrag auf Einsicht mit dem Argument abgelehnt, die bei der Prüfung gegebenen schriftlichen Antworten seien keine „persönlichen Daten“.
Nach EU-Recht müssen Behörden, Organisationen und Unternehmen auf Antrag Einsicht in alle „persönlichen Daten“ geben, die sie über den Antragsteller gespeichert haben.
Beschränkung auf sensible oder sehr private Informationen
Wie hierzu nun der EuGH betont, ist dies nicht auf sensible oder sehr private Informationen beschränkt. Umfasst seien „potenziell alle Arten von Informationen“, die mit dem Antragsteller verknüpft sind, etwa auch Stellungnahmen oder Beurteilungen.
Hierzu gehörten auch die schriftlichen Antworten eines Prüflings, befanden die Luxemburger Richter. „Der Inhalt dieser Antworten spiegelt nämlich den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie gegebenenfalls seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken wider.“
Nach dem Luxemburger Urteil können sich Prüf-Stellen nicht darauf berufen, dass dasselbe Papier meist auch Anmerkungen des Prüfers enthält. Denn auch dies seien „Informationen über den Prüfling“. Es handele sich hier letztlich um die Beurteilung einer konkreten Leistung. Die Prüfungsfragen seien allerdings vom Recht auf Einsicht nicht erfasst.
Recht auf Auskunft und Berichtigung
Um seine Argumentation zu verdeutlichen, drehte der EuGH die Frage der Einsichtnahme auch schlicht um: Würde es sich nicht um „persönliche Daten“ handeln, könnten die Prüfer die Antworten auch Dritten überlassen. Es sei aber offenkundig, dass die prüfende Stelle die Antworten vor dem Zugriff Dritter schützen und nur mit Zustimmung des Prüflings weitergeben dürfe.
Ausdrücklich betonte der EuGH, dass die Einordnung der Prüf-Antworten nicht dadurch beeinflusst werde, „dass eine solche Einordnung für den Prüfling – grundsätzlich – ein Recht auf Auskunft und Berichtigung eröffnet“. Zwar könne ein Prüfling eigene falsche Antworten natürlich nicht im Nachhinein „berichtigen“ lassen. Ein Anspruch auf Berichtigung könne aber beispielsweise bestehen, wenn Prüfunterlagen irrtümlich verwechselt wurden.
Vernichtung der Prüf-Unterlagen
Weiter stellte der EuGH klar, dass die Einordnung als „persönliche Daten“ auch zu einem Anspruch der Prüflinge führt, dass zum Schutz ihres Rechts auf Privatsphäre Prüf-Unterlagen nach angemessener Frist vernichtet werden.
Abschließend weist der EuGH darauf hin, dass die EU-Staaten das Einsichtsrecht beschränken können, insbesondere, wenn dies „zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen notwendig ist“.
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