AKTIENGESELLSCHAFTSRECHT
Vorstand der AG - Rechte, Pflichten und Haftung
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Rechte und Pflichten liegen ganz nah beieinander. Dies gilt auch für den Vorstand. So stehen neben den umfangreichen Rechten des Vorstandes nicht weniger umfangreiche Pflichten des Vorstandes. Letztere werden nicht selten Gegenstand gerichtlicher Prozess um die persönlich Haftung von Mitgliedern des Vorstandes.
§ 93 AktG als Dreh- und Angelpunkt
Die einzelnen Pflichten, welche einem Vorstandsmitglied obliegen, finden sich verstreut in diversen Gesetzen, vorrangig dem Aktiengesetz und dem Handelsgesetzbuch. Ausweislich von § 93 Absatz 1 AktG haben die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ anzuwenden. Doch was ist darunter zu verstehen?
Pflichtenmaßstab: Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters
Nach allgemeinem Verständnis entspricht der Vorstand der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn er
- die Geschäfte der Aktiengesellschaft angemessen plant und steuert, vor allem mit Blick auf Finanzen, Personal, Produktion, Absatz, Beschaffung;
- der Aktiengesellschaft eine angemessene Organisationsstruktur gibt;
- die Gesellschaft mit angemessenen internen und externen Finanzmitteln versorgt, unter Ausnutzung von Eigenkapital, Fremdkapital und hybriden Finanzierungsinstrumente,
- die Informationsströme in der Gesellschaft so strukturiert, dass alles relevanten Informationen zu ihm „gespült“ werden und auch Whistleblower eine Anlaufstelle haben.
Die sich aus diesem Kanon im Einzelnen ergebenden Pflichten hängen maßgeblich von Gesellschaft selbst und ihrem wirtschaftlichen Umfeld ab. So sieht die Organisationsstruktur einer mittelständischen Gesellschaft anders aus als die Organisationsstruktur eine international agierende Holdinggesellschaft. Ebenso unterscheiden sich die Planungen einer Immobiliengesellschaft ganz wesentlich von Planungen in einer AG, welche sich mit dem Handel von Stahlprodukten beschäftigt.
Neben diese operativ/strategischen Pflichten tritt eine Vielzahl unternehmensorganisatorischer Pflichten. Zu nennen sind hier unter anderem die Errichtung eines risk management systems, die Kommunikation mit Aufsichtsrat, Aktionären und bei börsennotierten Gesellschafter mit Öffentlichkeit / Anlagerpublikum.
Pflichtenmaßstand: Wahrung der Gesellschaftsinteressen
Die Pflicht des Vorstandes zum Handeln mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters wird ergänzt durch die Pflicht des Vorstandes zur Wahrung der Interessen der Aktiengesellschaft (sogenannte Treuepflicht).
Konkret bedeutet dies, dass der Vorstand
- seine Arbeitskraft, Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen nicht anderweitig einsetzen darf;
- seiner Aktiengesellschaft keinen Wettbewerb macht;
- Geschäftschancen der Gesellschaft, welche diese nutzen möchte, nicht selbst wahrnimmt;
- Ressourcen der Aktiengesellschaft sich nicht aneignet
- Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der Gesellschaft vertraulich behandelt.
Haftung des Vorstandes
Verletzt ein Mitglied des Vorstandes die ihm obliegenden Pflichten, so ist der Aufsichtsrat zur Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche verpflichtet. Entgegen landläufiger Meinung steht dem Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung, ob er etwaige Ansprüche geltend macht oder nicht, im Grundsatz kein Ermessen zu. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, darf der Aufsichtsrat von einer Geltendmachung absehen – ansonsten haftet er selbst (wegen der Nichtgeltendmachung).
Beweislast zu Gunsten der Gesellschaft
Bemerkenswert im Zusammenhang mit Haftungsklagen gegen Vorstände ist der Umstand, dass – anders als üblich - von Gesetzes nicht die klagende Gesellschaft die Pflichtverletzung durch den Vorstand beweisen muss. Vielmehr ist der Vorstand im Streitfall gehalten, die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten zu beweisen (§ 93 Abs. 2 Satz 2 AktG: „Ist streitig, ob sie [die Vorstandsmitglieder] die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast.“ Mitgliedern des Vorstandes empfiehlt sich daher, die Erfüllung ihrer Pflichten zu dokumentieren, insbesondere Prozesse der Entscheidungsfindung vollumfänglich festzuhalten.
Rolle des Rechtsanwalts bei Fragen rund um den Vorstand
Der Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht unterstützt Vorstände und Aktiengesellschaften bei der Haftungsvermeidung und der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung bzw. Abwehr von Haftungsansprüchen.
Ausführliche Informationen zu den Rechten und Pflichten des Vorstandes finden Sie hier: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gesellschaftsrecht/gesellschaftsrecht/aktienrecht/vorstand.html