STRAFRECHT
BGH darf Revisionen ohne Verhandlung abweisen
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Karlsruhe (jur). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe darf eine offensichtlich unbegründete Revision auch ohne mündliche Verhandlung verwerfen. Dies ist mit dem Grundgesetz vereinbar und verletzt insbesondere nicht das rechtliche Gehör der verurteilten Straftäter, heißt es in einem am Dienstag, 15. Juli 2014, veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Az.: 2 BvR 792/11).
Laut Strafprozessordnung ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt. Die Karlsruher Richter können die Revision dann nur einstimmig verwerfen. Ist nur einer der fünf Richter eines Strafsenats anderer Meinung, muss es eine Verhandlung geben. Wird die Revision einstimmig verworfen, müssen die Strafrichter des BGH dies aber nicht begründen.
Ein Straftäter aus Brandenburg wollte dies nicht hinnehmen. Nach dem Grundgesetz und auch der Europäischen Menschenrechtskonvention müssten Gerichte ihre Entscheidungen begründen. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung könne allenfalls dann zulässig sein, wenn beide Seiten damit einverstanden sind. Andernfalls sei die „Waffengleichheit“ vor Gericht verletzt. Für seine Verfassungsbeschwerde beantragte er Prozesskostenhilfe.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte dies ab. Dabei widmeten die Karlsruher Richter in ihrem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 30. Juni 2014 immerhin sieben der zehn Seiten einer ausführlichen Begründung.
Das Grundgesetz „begründet keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung“, heißt es in dem Beschluss. Der Gesetzgeber könne bestimmen „in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll“.
Der Straftäter habe ausreichend Gelegenheit gehabt, seine Revision umfassend schriftlich zu erläutern. Er habe selbst nicht behauptet, dass er schriftlich sein Anliegen nicht richtig habe vorbringen können. Er habe auch nicht dargelegt, dass der Verzicht auf eine Verhandlung allgemein oder in seinem konkreten Fall der Qualität der Rechtsprechung schade.
Eine Begründung sei bei ordentlich nicht mehr angreifbaren letztinstanzlichen Entscheidungen nicht unbedingt erforderlich. Dies gelte auch hier. Denn wenn die Staatsanwaltschaft den Verzicht auf eine Verhandlung beantrage, müsse sie dies ihrerseits begründen. Wenn der BGH die Revision dann ohne Begründung verwerfe, könnten Straftäter davon ausgehen, dass die Richter der Staatsanwaltschaft voll folgen. Sei dies nicht der Fall, sei es in der Praxis der obersten Strafrichter üblich, dass sie doch eine Begründung abgeben.
Ein Beschluss ohne mündliche Verhandlung und der Verzicht auf eine Begründung seien auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lasse beides in begründeten Fällen zu.
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