ERBRECHT
Demenz – wenn das eigene Testament unwirksam ist
Autor: ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater - Kanzlei
Bei wirksamer Anfechtung wegen Demenzerkrankung kann das Testament des Erblassers ungültig werden. Die Beweislast ist in der Praxis aber erdrückend.
Demenz als Geißel einer alternden Gesellschaft
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Die Anzahl der Demenzkranken wächst daher in Deutschland rasant. Einer von zehn der über 65-Jährigen, einer von fünf der über 80-Jährigen sind schon heute von Demenz betroffen. Im Jahre 2050 werden schätzungsweise drei Millionen Deutsche an Demenz erkrankt sein.
Von der Erkrankung kann nicht nur das Gedächtnis, sondern auch das generelle Denkvermögen, die Auffassungsgabe und die Persönlichkeitsstruktur betroffen sein. Wer bei der Formulierung seines letzten Willens nicht in Besitz seiner vollen geistigen Kräfte ist, kann möglicherweise kein gültiges Testament errichten.
Grenzen der Testierfähigkeit
Wer ein wirksames Testament errichten will, muss testierfähig sein. Daran knüpft das Gesetz mehrere Voraussetzungen. Der Testierende muss eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen. Er muss wissen, dass er ein Testament errichtet und dies auch wollen. Weiterhin muss er die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite seiner Anordnung einschätzen können. Bei Abfassen des Testaments muss er in der Lage sein, Zusammenhänge zu erkennen und Abwägungen vorzunehmen.
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist das Testament unwirksam. Bei Demenzkranken fehlt häufig die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge in Bezug zu setzen. Unter Umständen ist es aber dennoch möglich, ein einfaches Testament mit überschaubaren Rechtsfolgen eigenständig zu verfassen. Ein berühmter Fall der Anzweifelung der Testierunfähigkeit war jüngst das Erbe des umstrittenen Kunstsammlers Gurlitt. Er hatte das Museum in Bern als Alleinerbe eingesetzt. Seine Cousine zweifelte im Rahmen eines Prozesses seine geistige Verfassung an. Das Oberlandesgericht München bestätigte aber die Wirksamkeit des Testaments.
Möglichkeiten der Anfechtung
Eine Anfechtung durch Dritte ist im Erbrecht darüber hinaus nur begrenzt möglich. Zunächst ist nur ein limitierter Personenkreis überhaupt anfechtungsberechtigt. Das sind jene Personen, die durch die Anfechtung einen unmittelbaren Vorteil erlangen würden. Eine Anfechtung ist dann begründet, wenn der Erblasser sich bei Errichtung des Testaments über wesentliche Tatsachen geirrt hat, getäuscht wurde oder einen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat.
Im Fall der Demenzerkrankung kommt ein Irrtum oder eine Täuschung in Betracht. Weil Erkrankte eine verminderte Auffassungsgabe und ein schlechtes Gedächtnis haben, sind sie möglicherweise leichter zu täuschen. Hier kommt eine Anfechtung in Betracht. Aber auch hier gilt: Der Anfechtende trägt die Beweislast. Er muss nachweisen, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments tatsächlich geirrt hat. In der Praxis eine nicht zu unterschätzende Hürde.
So geht’s richtig
Auch Demenzkranke können aber grundsätzlich ein wirksames Testament errichten, wenn gewisse Voraussetzungen eingehalten werden. Einerseits sollte sobald die Diagnose gestellt wurde möglichst zeitnah – nicht aber übereilt – ein Testament errichtet werden.
Empfehlenswert ist weiterhin die notarielle Beurkundung. Dabei hat der Notar sich zu überzeugen, dass der Erklärende testierfähig ist. Seiner Einschätzung kommt in einem späteren Gerichtsprozess große Bedeutung zu. Eine Anfechtung wird dadurch erheblich erschwert.