STRAFRECHT
Deutsches Strafurteil bei Tod durch Behandlungsfehler im Ausland
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Straßburg (jur). Deutschland muss einen deutschen Arzt nicht ausliefern, der während einer Auslandstätigkeit fahrlässig den Tod eines Patienten verursacht hat. Eine Strafverfolgung in Deutschland ist ebenfalls zulässig, urteilte am Donnerstag, 22. Mai 2014, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg (Az.: 49278/09). Er wies damit die beiden Söhne eines durch einen Behandlungsfehler gestorbenen Briten ab.
Eine private Vermittlungsagentur hatte den deutschen Arzt für den Notdienst des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Großbritannien, dem „National Health Service“, angeworben. Bereits am Tag nach seiner Ankunft nahm er seine Arbeit auf. Dabei besuchte er einen Patienten zu Hause, der starke Schmerzen wegen Nierensteinen hatte. Er wollte ihm ein Schmerzmittel spritzen. Doch statt des Opioids Pethidin verabreichte er dem Mann versehentlich Heroin. In Großbritannien ist die Droge als Schmerzmittel zugelassen. Der Patient starb schließlich an einer Überdosis Heroin.
Nach dem Vorfall wurde der Arzt von seiner Arbeit suspendiert. Er kehrte nach Deutschland zurück. Die britischen Strafverfolgungsbehörden nahmen die Ermittlungen auf und forderten hierfür in Deutschland Informationen über die Ausbildung des Arztes an. So über den Vorfall informiert, eröffnete nun auch die deutsche Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren.
Schließlich wurde der Arzt in Deutschland zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten sowie zu einer Geldstrafe verurteilt. Eine Auslieferung nach Großbritannien lehnten die deutschen Behörden danach ab.
Dagegen klagten die beiden Söhne vor dem EGMR. Deutschland habe eine gründliche Untersuchung des Todes ihres Vaters verhindert. Sie selbst hätten in die Ermittlungen und das Gerichtsverfahren einbezogen werden oder Deutschland hätte den Arzt ausliefern müssen.
Der EGMR hat nun aber das Vorgehen der deutschen Behörden insgesamt als angemessen bestätigt. Der Arzt habe von Anfang an zugegeben, dass er den Tod des Patienten verursacht hatte. Seine Angaben hätten vollständig mit medizinischen Untersuchungen und Zeugenaussagen übereingestimmt. Daher habe das deutsche Landgericht auch ohne große Verhandlung von fahrlässiger Tötung ausgehen dürfen. Auch die Söhne hätten nie behauptet, der Arzt habe vorsätzlich gehandelt.
Nachdem sie von dem Vorfall erfahren habe, sei die Staatsanwaltschaft in Deutschland nach deutschem Recht zudem verpflichtet gewesen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und schließlich auch Anklage in Deutschland zu erheben. Daher sei auch die Entscheidung gerechtfertigt gewesen, den Arzt nicht nach Großbritannien auszuliefern.
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