WETTBEWERBSRECHT
Landgericht Berlin spricht IDO die Klagebefugnis nicht zu
Autor: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz Katrin Freihof - Rechtsanwältin
Urteil des Landgerichts Berlin vom 04.04.2017 - 103 O 91/16
In einem von uns vertretenen Fall wurde die Klage des IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. - vom Landgericht Berlin zurückgewiesen, da es dem Verband an der nötigen Aktivlegitimation fehle.
Sachverhalt
Der von uns vertretene Mandant wurde vom IDO im November 2015 wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in seinem eBay-Shop abgemahnt. Die Abmahnung wurde von einer der Geschäftsführerinnen des IDO unterzeichnet. Daraufhin wurde eine modifizierte Unterlassungserklärung seitens unseres Mandanten abgegeben und die Widerrufsbelehrung in der dafür vorgesehenen Rubrik „Rückgabe“ sowie in den AGB bei eBay geändert. Dabei kam es jedoch zu einer fehlerhaften Änderung in den AGB, da der zuständige Mitarbeiter nicht auf die vollständige Löschung des alten Textes achtete. Was jetzt kommen musste, ist klar: es folgte Mitte Januar 2016 eine Nachricht des IDO, in welcher wegen der erneut fehlerhaften Widererufsbelehrung (ausschließlich in den AGB) eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 € gefordert wurde. Ein weiterer Unterlassungsanspruch wurde nicht geltend gemacht. Dieses Schreiben wurde ebenfalls von einer Geschäftsführerin des IDO verfasst, ausweislich ihrer Unterschrift einer ausgebildeten Rechtsfachwirtin.
Nach einer Einigung mit dem IDO zahlte unser Mandant eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 €.
Soweit, so gut.
Mit Schreiben vom Juli 2016, mithin kurz vor Verjährung des zweiten Verstoßes, erhielt unser Mandant eine Abmahnung der Prozessbevollmächtigten des IDO, den Rechtsanwälten Vorberg und Partner, die sich auf die fehlerhafte Widerrufsbelehrung in den AGB bezog, also dem Verstoß, für den der IDO bereits Vertragsstrafe vereinnahmte. Die Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung war kurz, obwohl der Verstoß 5 1/2 Monate zurücklag. Unser Mandant gab jedoch keine erneute Unterlassungserklärung ab und kurz vor Verjährung (6 Monate im UWG) reichte die Gegenseite Unterlassungsklage beim Landgericht Berlin ein. Eine Entscheidung wurde nunmehr im schriftlichen Verfahren verkündet:
Urteilsgründe
Die mit der Klage befasste Handelskammer wies die Klage des IDO ab und begründete dies mit der fehlenden Klagebefugnis. Hierzu heißt es in den Entscheidungsgründen:
„Der Kläger ist nicht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert, denn ihm fehlt die erforderliche personelle Ausstattung, um seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. Zur personellen Ausstattung gehört in der Regel eine entsprechende fachliche, d.h. wettbewerbsrechtliche Qualifikation der Mitglieder, des Vorstands oder der Mitarbeiter des Verbands. Wie der Kammer aus einem anderen Rechtsstreit des Klägers bekannt ist, ist es Aufgabe der Geschäftsstelle, Abmahnungen zu verfassen. Zu den Qualifikationen der Hauptgeschäftsführerin, der Geschäftsführerin und der vier weiteren Mitarbeiterinnen trägt der Kläger nichts vor.“
Das Gericht bezog sich dabei insbesondere auf das Schreiben des IDO, mit welches die Vertragsstrafe gegenüber unserem Mandanten geltend gemacht wurde. Bei dieser Geschäftsführerin handelt es sich um eine Rechtsfachwirtin.
Das Gericht erläutert dann, welche Aufgaben einer Rechtsfachwirtin zukommen, nämlich vor allem Organisation, Rechnungswesen, Personalführung, Betreuung des Kostenwesens, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ect. und kommt dann zu folgendem Schluss:
„Inwieweit eine so ausgebildete Kraft in der Lage sein soll, Wettbewerbsverstöße zu erkennen und zu bewerten, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Zwar kann die erforderliche wettbewerbsrechtliche Qualifikation auch durch Berufserfahrung erworben werden. Auch dazu trägt der Kläger jedoch nichts vor. Dass der Geschäftsführerin die ausreichende wettbewerbsrechtliche Qualifikation fehlt, zeigt sich deutlich am vorliegenden Fall. Ihr war offensichtlich nicht bekannt, dass bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung nicht nur die Vertragsstrafe verwirkt ist, sondern dass erneut ein Unterlassungsanspruch entsteht, anderenfalls sie zusammen mit der Forderung nach Zahlung der Vertragsstrafe zugleich eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe gefordert hätte...“
Es bleibt nun abzuwarten, ob seitens des IDO Berufung eingelegt wird.
Sollten Sie Fragen zu einer Abmahnung des IDO oder einem Klageverfahren haben, stehe ich Ihnen gern jederzeit zur Verfügung.