STEUERRECHT
Leihmutterschaft ist keine „außergewöhnliche Belastung“
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:

Leihmutterschaft ist keine „außergewöhnliche Belastung“ © Symbolgrafik:© Stockwerk-Fotodesign - stock.adobe.com
München (jur). Schwule Ehepaare mit Kinderwunsch können die Kosten für eine Leihmutterschaft nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung absetzen. Denn dem Steuerabzug steht bereits das in Deutschland geltende Verbot der Leihmutterschaft und der fremden Eizellspende entgegen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 5. Oktober 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: VI R 29/21).
Geklagt hatte ein verheiratetes schwules Paar aus Westfalen. Die beiden Männer wollten unbedingt ein Kind bekommen. Bei einem der Kläger zeichnete sich wegen des unerfüllten Kinderwunsches eine psychische Krankheit ab. Sie nahmen daher die Dienste einer Leihmutter in Kalifornien in Anspruch. Für die künstliche Befruchtung wurde der Samen eines der Männer und eine Eizelle einer anderen Frau verwendet. Das so gezeugte Kind lebt seitdem bei seinen schwulen Eltern in Deutschland.
Die Kosten für die Leihmutterschaft in Höhe von rund 13.000 Euro machten die Kläger 2017 als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung steuermindernd geltend. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab.
Die Klage der beiden Männer blieb schon vor dem Finanzgericht Münster ohne Erfolg (Urteil vom 7. Oktober 2021, Az.: 10 K 3172/19 E; JurAgentur-Meldung vom 18. Januar 2022). Die Behandlung wegen eines unerfüllten Kinderwunsches müsse den Vorschriften deutschen Rechts entsprechen. Die Leihmutterschaft und auch die mit einer fremden Eizelle durchgeführte künstliche Befruchtung seien nach dem Embryonenschutzgesetz aber verboten.
Der BFH wies die Revision der Kläger mit Urteil vom 10. August 2023 zurück. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung sei für einen Steuerpflichtigen möglich, wenn ihm „zwangsläufig“ größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen bei gleichen Einkommensverhältnissen entstehen, so der BFH. Die angefallenen Aufwendungen müssten zudem mit der „innerstaatlichen Rechtsordnung“ im Einklang stehen. Die Leihmutterschaft und die fremde Eizellspende seien in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz aber verboten.
Auch stelle der wegen der biologischen Gegebenheiten unerfüllte Kinderwunsch des Paares keine Krankheit dar, deren Aufwendungen zum Steuerabzug berechtigt. Würde hier die Leihmutterschaft als notwendige Heilbehandlung für die psychische Erkrankung eines der Kläger angesehen, sei dies zudem mit dem Grundrecht des Kindes auf Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht vereinbar. Das Kind würde zum „bloßen Objekt“ herabgewürdigt, „dass zur Linderung einer seelischen Krankheit“ dient.
Das Argument der Kläger, dass der Gesetzgeber mit Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eine Angleichung an verschiedengeschlechtliche Paare erreichen wollte, greife hier nicht. Denn damit sei nicht das Recht umfasst, dass der Kinderwunsch mit einer Leihmutterschaft erfüllt werden könne.
Schließlich liege mit dem Verbot der Leihmutterschaft und der Fremdeizellspende auch keine unzulässige Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare vor, urteilten die obersten Finanzrichter. Denn mit dem Verbot solle „eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter und die damit einhergehenden Konfliktlagen verhindert werden“.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock