SOZIALRECHT
LSG Stuttgart: Tierhaltung gehört nicht um Existenzminimum
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Keine Kostenübernahme für 'Begleithund' bei Hartz-IV-Beziehern. © Conny Hagen - stock.adobe.com
Stuttgart (jur). Jobcenter müssen für die Anschaffung und Haltung eines Hundes zur Pflege sozialer Kontakte keine Kosten in Form eines Mehrbedarf übernehmen. Auch wenn der Vierbeiner eine Art sozialer Unterstützung sowie Familienersatz bieten und für die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein kann, ist die Anschaffung eines „Begleithundes“ kein unabweisbarer, besonderer Bedarf, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am Freitag, 28. Juli 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: L 9 AS 2274/22). Die Hundehaltung gehöre nicht zu dem vom Jobcenter zu gewährleistenden Existenzminimum, erklärten die Stuttgarter Richter.
Der alleinstehende Kläger aus dem Raum Stuttgart bezog seit 2005 Hartz-IV-Leistungen, das heutige Bürgergeld. Im März 2022 beantragte er bei seinem Jobcenter die Übernahme der Kosten für den Kauf eines „Begleithundes“ sowie der laufenden Haltungskosten. Für die Anschaffung des Vierbeiners machte der arbeitslose Mann 2.000 Euro geltend. Für Futter, medizinische Grundversorgung, Steuer und Versicherung würden monatlich weitere 200 Euro anfallen.
Er begründete seinen Antrag damit, dass er insbesondere während und nach der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns sich sozial isoliert habe. Die davongetragenen seelischen Schäden wolle er „selbstbestimmt“ mit einer Tier-Therapie kompensieren. Ein Begleithund könne dazu beitragen, dass er nicht nur an sozialen Kontakten teilhaben könne, das Tier helfe auch bei der Entwicklung von Tagesstrukturen. Das Jobcenter müsse mit der Kostenübernahme seiner Fürsorgepflicht nachkommen.
Doch sowohl das Sozialgericht Stuttgart als auch das LSG wiesen den Mann ab. Die Tierhaltungskosten seien grundsätzlich aus der Regelleistung zu tragen. Ein Hund gehöre auch nicht zu einem „unabweisbaren Bedarf“.
Das LSG führte in seinem Urteil vom 20. Juni 2023 weiter aus, dass ein Mehrbedarf für die Tierhaltung gesetzliche nicht vorgesehen sei. Zwar könne ein Hund soziale Zuwendung und einen Familienersatz bieten und bei der Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein. Dennoch gehöre die Hundehaltung nicht zu dem vom Jobcenter zu gewährleistenden Existenzminimum. Die Pflege sozialer Kontakte zu Hunde- und Nichthundehaltern im Wohnumfeld seien auch ohne Hund uneingeschränkt möglich.
Das LSG verwies zudem auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Februar 2017 (Az.: B 14 AS 10/16 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Die Kasseler Richter hatten eine Hundehalterin aus Castrop-Rauxel abgewiesen, die vom Jobcenter die Kostenübernahme für eine Hundehaftpflichtversicherung verlangt hatte. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein Hartz-IV-Bezieher den Hund für seine Existenzsicherung oder zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit benötige, könnten die Versicherungsbeiträge leistungssteigernd berücksichtigt werden, so damals das BSG.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock