SOZIALRECHT
Opferentschädigung wegen Missbrauch im Kinderheim
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Opfer von sexuellem Missbrauch in Kinderheimen können einen Anspruch auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz haben. Dies gilt auch im Fall einer äußerlich unauffälligen Entwicklung.
Ein Mann war während seines Aufenthaltes in einem Kinderheim von 1958 bis 1968 nicht nur in den „Genuss“ von schweren körperlichen Züchtigungen gekommen, sondern darüber hinaus auch noch mehrfach durch Mitbewohner und Erwachsene sexuell missbraucht worden.
Als er im Jahr 2011 einen Antrag auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen einer rezidivierenden depressiven Störung und eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung stellte wurde dieser abgelehnt. Die Behörde berief sich darauf, dass unklar sei, ob die Schwerbehinderung auf die erlittenen Misshandlungen zurückzuführen sei. Des Weiteren führte das Amt an, dass er regelmäßig erwerbstätig gewesen sei. Doch der Betroffene wehrte sich und legte gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch ein. Weil die Behörde diesen in einem Widerspruchsbescheid zurückwies klagte er.
Das Sozialgericht Karlsruhe gab der Klage mit Urteil vom 27.11.2014, Az.: S 17 VG 656/13 statt und hob den ablehnenden Bescheid auf. Der Mann hat einen Anspruch auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Dies ergibt sich daraus, dass insbesondere in den erlittenen körperlichen Misshandlungen und sexuellen Missbräuchen ein tätlicher Angriff im Sinne von § 1 OEG zu sehen ist. Hierzu muss nicht zwangsläufig feststehen, wann genau diese Angriffe erfolgt sind. Einem Anspruch auf Versorgung steht hier nicht entgegen, dass er regelmäßig erwerbstätig gewesen und in seiner Freizeit gelegentlich als Schiedsrichter oder auf der Bühne tätig gewesen ist.
Diese Entscheidung des Sozialgerichtes Karlsruhe ist zu begrüßen, weil eine Berufstätigkeit nicht dagegen sprechen muss, dass erlittene körperliche Misshandlungen und sexuelle Missbräuche zu einer erheblichen Traumatisierung in der Kindheit geführt haben. Das Opferentschädigungsgesetz darf daher nicht zu eng ausgelegt werden.