SOZIALRECHT
Politische Aktivität von Umweltverbänden wird von BFH gestärkt
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München (jur). Auch Spenden für allgemeinpolitische Aktivitäten können gemeinnützig sein. Wenn etwa ein Umweltverband parteipolitisch neutral bleibt und sich an seinen Satzungszielen orientiert, darf er auch für Spenden, die für politische Aktionen zweckgebunden sind, eine Spendenbescheinigung ausstellen, stellte der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 9. August 2017, veröffentlichten Urteil klar (Az.: X R 13/15).
Damit hatte ein als gemeinnützig anerkannter Verein Erfolg, der sich in Hamburg für die Rekommunalisierung des Stromnetzes engagiert hatte. Dies war Anfang der 2000er Jahre privatisiert worden. 2010 schloss sich der Verein der Initiative „Unser Hamburg – unser Netz“ an, die die Netze wieder in öffentlicher Hand sehen wollte. Die Initiative betrieb einen letztlich erfolgreichen Volksentscheid. 2014 kaufte Hamburg sämtlich Anteile am örtlichen Netzbetreiber zurück.
Ausstellung von Spendenbescheinigungen
2011 hatte eine Firma den Verein hierbei mit zwei zweckgebundenen Spenden über zusammen 1.000 Euro unterstützt. Der Verein stellte Spendenbescheinigungen aus, die die Firma steuermindernd geltend machte.
Für die so geringeren Steuereinnahmen machte das Finanzamt den Verein haftbar. Dieser habe keine Spendenbescheinigungen ausstellen dürfen. Denn die Spenden seien für nicht gemeinnützige allgemeinpolitische Aktivitäten gegeben worden.
Der BFH folgte dem nicht. Nach dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 20. März 2017 haben gerade Umweltverbände einen weiten Spielraum auch für politische Aktivitäten.
Umweltziele durch Allgemeinheit zu erreichen
„Eine gemeinnützige Körperschaft darf die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten“, heißt es in den Urteilsgründen.
Zudem wies der BFH darauf hin, dass sich das Förderziel „Umweltschutz“ deutlich von den Zielen etwa eines Kleingärtner- oder Karnevalsvereins unterscheide. Denn Umweltziele seien kaum durch Einzelne, sondern überwiegend nur durch die Allgemeinheit zu erreichen, etwa durch entsprechende staatliche Vorgaben. Dafür seien oft auch Zwischenschritte erforderlich – wie hier die Rekommunalisierung des Stromnetzes – die zunächst noch nicht unmittelbar umweltwirksam sind.
Verletzung der parteipolitischen Neutralität
Aus formalen Gründen muss das Finanzgericht (FG) Hamburg nun noch prüfen, ob der Verein tatsächlich seine satzungsgemäßen Umweltziele verfolgt hat. Nach den dem BFH vorliegenden Unterlagen sei davon aber auszugehen, heißt es in dem Münchener Urteil. So habe der Verein herausgestellt, dass die Rekommunalisierung des Stromnetzes eine Chance für erneuerbare Energien mit sich bringt. Auch sei nicht erkennbar, dass der Verein seine parteipolitische Neutralität verletzt habe.
In der Vorinstanz hatte das FG Hamburg auf einen buchungstechnischen Aspekt abgestellt: Der Verein habe seine Ausgaben für die Rekommunalisierungskampagne nicht von demselben Konto getätigt, auf dem die Spenden eingegangen waren. Hierzu stellte der BFH klar, dass es darauf nicht ankommt. Maßgeblich sei allein „eine Saldo-Betrachtung“ der zweckgebundenen Spenden und der entsprechenden Ausgaben. Auch dies muss nun das FG noch prüfen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage