KAUFRECHT
Unwirksamkeit einer Leasingvertragsklausel zur Bemessung des Schadensersatzanspruchs
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Unwirksamkeit einer Leasingvertragsklausel zur Bemessung des Schadensersatzanspruchs des Leasinggebers nach fristloser Vertragskündigung
Der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte unter dem Gesichtspunkt des § 9 AGBG über die Wirksamkeit einer Klausel in einem Leasingvertrag mit Restwertabrechnung zu entscheiden, die bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages nach fristloser Kündigung durch den Leasinggeber – anders als bei ordnungsgemäßem Auslauf des Vertrages – die Anrechnung von nur 90% des Restwertes der Leasingsache vorsieht.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten, einer Leasinggesellschaft, bestand ein für die Dauer von drei Jahren abgeschlossener Leasingvertrag mit Restwertabrechnung über einen neuen PKW. Nachdem der Kläger mit den Leasingraten in Rückstand geraten war, kündigte die Beklagte den Vertrag nach Ablauf von 16 Monaten fristlos. Die Parteien streiten im Rahmen der Abrechnung ihrer gegenseitigen Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis um den Betrag, den die Beklagte dem Kläger für den Wert des zurückgenommenen Fahrzeuges gutzubringen hat. Den als Händlereinkaufspreis für das Fahrzeug erzielbaren Erlös von 102.333,60 DM will die Beklagte nur zu 90% berücksichtigen. Sie hat sich auf eine Bestimmung im Leasingvertrag der Parteien berufen, wonach bei einer fristlosen Kündigung der erzielte Gebrauchtwagenerlös auf den Schadensersatzanspruch des Leasinggebers nur zu 90% anzurechnen ist. Für die Vertragsabrechnung nach normalem Ablauf der vereinbarten Leasingzeit sieht der Vertrag demgegenüber vor, daß der dann für das Fahrzeug erzielte Erlös dem Leasingnehmer in vollem Umfang zugute kommt; lediglich von einem etwaigen Mehrerlös, der den für das Vertragsende kalkulierten Restwert übersteigt, sollen 25% beim Leasinggeber verbleiben. Der Kläger hat mit der Klage auf Zahlung von 10.233,30 DM Erstattung der 10% des Restwertes verlangt, den die Beklagte bei der Vertragsabrechnung abgezogen hat. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage als begründet angesehen.
Der Bundesgerichtshof hat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen entschieden, daß die Klausel des Leasingvertrages über die Anrechnung von nur 90% des Erlöses nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 des AGB-Gesetzes (seit: 1. Januar 2002: § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam ist, weil sie mit einem wesentlichen Grundgedanken des Schadensersatzrechts nicht zu vereinbaren ist. Aus diesem Grunde hat der Bundesgerichtshof die Revision der Leasinggeberin zurückgewiesen. Da der Verwertungserlös bei der Abrechnung nach ordentlichem Vertragsablauf in vollem Umfang angerechnet werde, stelle die Berücksichtigung von nur 90% des Erlöses beim Schadensersatz nach fristloser Kündigung den Leasinggeber zum Nachteil des Leasingnehmers besser als bei Vertragserfüllung. Die Klausel weiche deshalb von dem schadensrechtlichen Grundsatz ab, daß bei einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines Vertrages der Gläubiger so zu stellen sei, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte, aber nicht besser. Die bei vertragsgemäßer Beendigung des Leasingvertrages vereinbarte Beteiligung des Leasinggebers am Mehrerlös mit 25% sei für ihn – wie sich durch Rechenbeispiele verdeutlichen lasse - weniger vorteilhaft als eine Beteiligung von 10% am gesamten Erlös des Fahrzeuges.
Die Anrechnung von nur 90% des Erlöses bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrages sei auch nicht wegen eines steuerlichen Interesses des Leasingnehmers geboten. Für die steuerrechtliche Zurechnung einer Leasingsache zum Vermögen des Leasinggebers sei es nach dem für Teilamortisations-Leasingverträge geltenden Erlaß des Bundesfinanzministeriums vom 22. Dezember 1975 (IV B 2 – S 2170 – 161/75, BB 1976, 72) ausreichend, daß – wie hier vereinbart - von einem Mehrerlös bei Vertragsablauf dem Leasinggeber mindestens 25% zustünden.
Der Senat hat sodann nach Feststellung der Unwirksamkeit der Schadensberechnungsklausel eine konkrete Schadensberechnung vorgenommen. Er hat geprüft, ob deshalb, weil bei ordentlichem Vertragsablauf eine Beteiligung der Leasinggeberin mit 25% an einem den kalkulierten Restwert übersteigenden Mehrerlös vorgesehen ist, auch der hier nach vorzeitiger Beendigung erzielte Verwertungserlös nur zu einem entsprechend geringeren Anteil anzurechnen ist. Er hat dies für den konkreten Fall verneint. Zwar übersteige der für das Fahrzeug erzielte Erlös von 102.233,60 DM den für den Vertragsablauf vereinbarten Restwert von 71.070,69 DM. Bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags beruhe der den kalkulierten Restwert übersteigende Erlös aber mindestens zu einem wesentlichen Teil darauf, daß das Fahrzeug einen noch höheren Zeitwert habe als am Ende der vereinbarten Vertragsdauer. Die für den normalen Vertragsablauf vereinbarte Aufteilung des Mehrerlöses müsse deshalb auf die vorzeitige Vertragsbeendigung in der Weise entsprechend übertragen werden, daß ein Mehrerlös nur dann gegeben sei, wenn der Erlös die zum Zeitpunkt der Kündigung noch offenen Restzahlungen des Leasingnehmers (künftige Leasingraten und kalkulierter Restwert, jeweils abgezinst) übersteige. Andernfalls komme dem Leasinggeber auch der infolge vorzeitiger Beendigung höhere Zeitwert der Leasingsache zugute. Ein Erlös in dieser Höhe war im vorliegenden Fall nicht erzielt worden.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2002 - VIII ZR 147/01