STEUERRECHT
Verfassungswidrige Grundsteuer-Bemessung
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Karlsruhe (jur). Das Bundesverfassungsgericht hat die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer für Millionen von Grundstücken in Deutschland für verfassungswidrig und mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht für vereinbar erklärt. Die von den Kommunen erhobene Grundsteuer basiere auf zu alten Daten über den Wert der Grundstücke, so dass eine dem Gleichheitssatz entsprechende Besteuerung nicht mehr gewährleistet ist, urteilte am Dienstag, 10. April 2018, das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvL 11/14 und weitere). Bis zum 31. Dezember 2019 muss der Gesetzgeber daher eine Neuregelung schaffen, die spätestens ab 2025 angewandt werden muss, entschieden die Karlsruher Richter.
Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine wichtige Einnahmequelle. In den letzten Jahren ist diese von zwölf auf zuletzt knapp 14 Milliarden Euro angestiegen. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert der Grundstücke. Hierfür wurden sogenannte Einheitswerte festgesetzt, die letztlich auf Daten aus 1964, in den neuen Ländern sogar von 1935 basieren. Eigentlich sollten diese Einheitswerte laut Gesetz alle sechs Jahre aktualisiert werden. Dies wurde aber unterlassen.
Laut Klägern ist die die Besteuerung falsch
Die Grundsteuer ist dabei nicht nur für Grundstückseigentümer relevant. Denn Vermieter können die Steuer auf ihre Mieter umlegen.
Mehrere Klägerinnen und Kläger aus verschiedenen „alten“ Bundesländern hielten die Bemessung der Grundsteuer für gleichheitswidrig. Die Daten der Einheitsbewertung seien viel zu alt und würden den Wert der Grundstücke nicht mehr richtig widerspiegeln. Damit sei auch die Besteuerung falsch.
So argumentierte ein Kläger, der 2008 ein Ladengeschäft im ehemaligen West-Berlin kaufte und deshalb Grundsteuer zahlen sollte, dass die Einheitswerte in den alten Bundesländern zuletzt zum 1. Januar 1964 festgesetzt wurden. In der Zwischenzeit habe es aber „tiefgreifende Veränderungen am Immobilienmarkt“ gegeben, die im Einheitswert „keinen angemessenen Niederschlag“ gefunden hätten. Folge sei eine gleichheitswidrige Besteuerung.
Ungleichbehandlungen durch ungleiche Bewertungsergebnisse
Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte am 22. Oktober 2014 dieser Argumentation. Die Münchener Richter hielten die Grundsteuer-Bemessung für verfassungswidrig und legten dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vor (Az.: II R 16/13; JurAgentur-Meldung vom 3. Dezember 2014). Nur wenn die Grundstücke innerhalb der jeweiligen Gemeinde im Verhältnis zueinander realitätsgerecht bewertet werden, könne die Grundsteuer so gestaltet werden, dass sie sachgerecht und mit dem Gleichheitsgebot vereinbar ist.
Auch das Bundesverfassungsgericht hielt die Grundsteuer-Bemessung nun für verfassungswidrig. Es rügte, dass die Einheitsbewertung der jeweiligen Grundstücke zuletzt 1964 vorgenommen wurde. Seitdem sei die eigentlich alle sechs Jahre durchzuführende Neubewertung stets per Gesetz ausgesetzt worden. Über solch einen langen Zeitraum führe dies „systembedingt in erheblichem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch ungleiche Bewertungsergebnisse“. Es komme in zunehmendem Maße zu Wertverzerrungen innerhalb des Grundvermögens und damit zu einer ungleichen Besteuerung.
Eine ausreichende Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gebe es nicht. Der Gesetzgeber habe die unterbliebene Anpassung der Einheitswerte mit einer Verwaltungsvereinfachung begründet. Damit sei aber ein verfassungswidriger Zustand geschaffen worden, der nicht mehr mit einer Verwaltungsvereinfachung zu rechtfertigen sei.
Wertverzerrungen wegen unterbliebener Anpassung der Einheitsbewertung
Die unterbliebene Anpassung der Einheitsbewertung von Grundstücken habe zu Wertverzerrungen geführt, die nicht nur auf atypische Sonderfälle beschränkt ist. Diese seien vielmehr zum Regelfall geworden. Bei der Grundsteuer handele es sich auch nicht um eine Steuer im vernachlässigbaren Größenbereich, so das Bundesverfassungsgericht.
Die Karlsruher Richter gaben dem Gesetzgeber nun auf, bis zum 31. Dezember 2019 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Diese muss dann bis spätestens 31. Dezember 2024 angewandt werden. Bis dahin können noch die alten Regelungen gelten.
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