UNTERHALTSRECHT
Alle Eltern müssen Arbeitskraft für Kindesunterhalt einsetzen
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Karlsruhe (jur). Auch bei einer fehlenden Berufsausbildung und einer nicht-deutschen Herkunft besteht eine reale Beschäftigungschance, so dass arbeitslosen Vätern oder Müttern zur Zahlung ihres Kindesunterhalts eine Jobsuche zuzumuten ist. Weise der arbeitslose Elternteil dann keine ausreichenden Bewerbungsbemühungen nach, könne für die zu leistenden Unterhaltszahlungen ein fiktives Einkommen zugrunde gelegt werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 24. Februar 2014, veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 185/12).
Im konkreten Fall hatte ein in Marburg lebender türkischer Vater für seinen neunjährigen Sohn keinen Unterhalt gezahlt. Der seit 2002 in Deutschland lebende Mann verfügte über gute deutsche Sprachkenntnisse, einen türkischen Realschulabschluss, nicht jedoch über eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Dass er keinen Unterhalt leisten könne, begründete der Arbeitslose mit seiner fehlenden Leistungsfähigkeit. Er habe zudem als Türke ohne abgeschlossene Berufsausbildung keine reale Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung. Bislang habe er lediglich Minijobs wie beispielsweise als Aushilfe in einer Bäckerei oder als Küchenhilfe gehabt.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen Eltern keinen Unterhalt zahlen, wenn sie über keine oder so geringe Einkünfte verfügen, dass ihr eigener Selbstbehalt nicht gesichert ist. Allerdings haben Eltern die Verpflichtung, die eigene Arbeitskraft einzusetzen, um ihrer Unterhaltsverpflichtung nachkommen zu können. Unterlässt der Unterhaltspflichtige eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit, kann bei der Bemessung des Kindesunterhalts ein fiktives Einkommen zugrunde gelegt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 18. Juni 2012 jedoch hierzu entschieden, dass das fiktive Einkommen „objektiv erzielbar“ sein müsse (Az.: 1 BvR 774/10, 1 BvR 1530/11 und 1 BvR 2867/11; JurAgentur-Meldung vom 6. Juli 2012). Dazu müssten auch die persönlichen Voraussetzungen geprüft werden, so die Verfassungsrichter.
Den jetzt entschiedenen Fall verwies der BGH an das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main zurück. Dieses müsse unter anderem prüfen, ob der türkische Vater sich tatsächlich ausreichend um einen Job bemüht hat. Dabei reiche es nicht aus, sich lediglich auf die vom Jobcenter unterbreiteten Stellenangebote beworben zu haben, betonte der BGH in seinem Beschluss vom 22. Januar 2014.
Neben den ausreichenden Bewerbungsbemühungen müsse auch eine reale Beschäftigungschance bestehen. Bei der Prüfung seien „strenge Maßstäbe“ anzulegen. Allein, dass der unterhaltspflichtige Vater aus dem Ausland stamme und über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, sei noch kein Grund, von einer fehlenden realen Beschäftigungschance und damit von einer Befreiung von der Unterhaltspflicht auszugehen, so der BGH.
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