STRAFRECHT
Angst vor Nazis rechtfertigt keine Vermummung bei Demo
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Karlsruhe (jur). Die Angst vor einer Verfolgung durch Gegendemonstranten oder „Nazis“ rechtfertigt nicht die Vermummung während einer Demonstration. Die Vermummung bleibt dennoch strafbar, wie das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Freitag, 8. Juli 2022, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: 2 Rv 34 Ss 789/21).
Die Staatsanwaltschaft Freiburg hatte dem Kläger einen Verstoß gegen das Vermummungsverbot vorgeworfen. Dagegen verteidigte sich der 41-Jährige mit dem Hinweis, er habe Angst vor einer Identifizierung und Verfolgung durch „die Nazis“ gehabt. In unmittelbarer Nähe sei ein Aufzug der AfD vorbeigezogen. Dessen Teilnehmer hätten Fotos und Filmaufnahmen gemacht.
Das Landgericht Freiburg war noch der Auffassung, dass dies die eigene Vermummung rechtfertigen kann (Urteil vom 14. Juli 2021, Az.: 11 Ns 510 Js 21959/19).
Mit seinem Urteil vom 30. Juni 2022 hob das OLG Karlsruhe diese Entscheidung auf und verwies den Streit zur weiteren Prüfung an das Landgericht zurück.
Zur Begründung verwies das OLG auf den Zweck des Vermummungsverbots, „abstrakten Gefährdungen im Rahmen von Versammlungen entgegenzuwirken“. Bei gewalttätigen Demonstrationen sei es regelmäßig so, dass Vermummte „den Kern der Gewalttäter“ stellen. Sie würden von anderen als eher gewaltbereit angesehen. Dies verstärke die Gewaltbereitschaft anderer Kundgebungsteilnehmer und provoziere auch eventuelle Gegendemonstranten.
Eine einschränkende Auslegung des Vermummungsverbots sei auch deshalb nicht geboten, weil eine Versammlung in begründeten Fällen schon bei ihrer Genehmigung von dem Verbot befreit werden könne, argumentierte das OLG Karlsruhe.
Ansonsten aber falle das Vermummungsverbot trotz der Angst von Gegendemonstranten oder anderen Andersdenkenden nicht weg. Diese Angst könne dann allenfalls bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock