INTERNATIONALES RECHT
Doppelte staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina
Autor: Rechtsanwalt Alma Prnjavorac - Rechtsanwältin
Doppelte staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina erlaubt seinen Staatsbürgern, im Gegensatz zu anderen Ländern wie Deutschland, Österreich, Norwegen, die doppelte Staatsbürgerschaft.
In der Verfassung Bosnien und Herzegowinas ist vorgeschrieben, dass Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas zwei Staatsbürgerschaften haben können, nur dann, wenn ein bilateraler Vertrag zwischen den beiden Ländern besteht. Aber die Verfassung Bosnien und Herzegowinas, genauer Artikel I/7.d) schreibt nirgendwo vor, dass die Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas, die eine andere Staatsbürgerschaft haben, auch aus dieser Staatsbürgerschaft austreten müssen, insofern kein bilateraler Vertrag zwischen diesem Land und Bosnien und Herzegowina besteht, wenn sie auch die bosnisch-herzegowinische Staatsbürgerschaft behalten wollen.
Die Verfassung Bosnien und Herzegowinas definiert die Staatsbürgerschaft auf folgende Weise:
Staatsbürgerschaft Bosnien und Herzegowinas
Es existiert die Staatsbürgerschaft, die die parlamentarische Versammlung regelt und die Staatsbürgerschaft der Entitäten, die die Entitäten selbst regeln, unter folgenden Umständen:
a) alle Staatsbürger unabhängig aus welcher Entität sind damit automatisch Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas
b) Keiner Person kann arbiträr weder die bosnisch-herzegowinische noch die Staatsbürgerschaft der Entität entzogen werden, oder die Person kann nicht auf eine andere Art und Weise ohne Staatsbürgerschaft gelassen werden. Niemandem kann die Staatsbürgerschaft aufgrund des Geschlechts, der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischer Meinung, nationaler und sozialer Herkunft, der Beziehung zu nationalen Minderheit, des Eigentums, der Geburt oder auf irgend eine andere Weise entzogen werden.
c) alle Personen, die Staatsbürger der Republik Bosnien und Herzegowinas kurz vor des Inkrafttretens der Verfassung Bosnien und Herzegowinas waren, sind Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas. Die Staatsbürgerschaft der Personen, die nach 06.04.1992 aber vor des Inkrafttretens der Verfassung eingebürgert wurden, wird von der bosnisch-herzegowinischen parlamentarischen Versammlung geregelt.
d) Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas können die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes haben unter der Bedingung, dass ein bilateraler Vertrag zwischen Bosnien und Herzegowina und diesem Land besteht, der diese Frage regelt und den die parlamentarische Versammlung Bosnien und Herzegowinas bestimmt hat im Einklang mit dem IV, Absatz 4, Punkt (d). Personen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, können in Bosnien und Herzegowina wählen oder in den Entitäten, aber nur, wenn ihr Wohnsitz in Bosnien und Herzegowina ist.
e) der Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas wird auch im Ausland von Bosnien und Herzegowina geschützt. Jede Entität kann ihren Staatsbürgern Reisepässe Bosnien und Herzegowinas herausgeben, auf die durch die parlamentarische Versammlung geregelte Weise. Bosnien und Herzegowina kann den Staatsbürgern Reisepässe herausgeben, denen der Reisepass nicht von der Entität herausgegeben wurde. Es wird ein zentrales Register für alle Reisepässe in Bosnien und Herzegowina errichtet, sowohl für die von Bosnien und Herzegowina als auch von den Entitäten herausgegebenen Reisepässe.
Das Staatsbürgerschaftsgesetz Bosnien und Herzegowinas: (Amtsblatt Bosnien und Herzegowina: Nr. 4/97, 13/97, 41/02, 6/03, 14/03, 76/09 und 87/13) Im Artikel ist vorgeschrieben: „Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas können die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes haben unter der Bedingung, dass ein bilateraler Vertrag zwischen Bosnien und Herzegowina und dem anderen Land besteht, der diese Frage regelt und den die parlamentarische Vesammlung im Einklang mit Artikel IV4.d) der Verfassung Bosninen und Herzegowinas bestimmt.“
Einbürgerungswilliger Bosnier muss seine Staatsangehörigkeit aufgeben
VG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 14.03.2017 zum Urteil 4 K 2840/16 vom 01.03.2017
Mit Urteil vom 01.03.2017, dessen Begründung nunmehr vorliegt, hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe die auf die Verpflichtung des beklagten Landes Baden-Württemberg zu seiner Einbürgerung gerichtete Klage eines Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina abgewiesen.
Der 1989 geborene Kläger, ein Bosnier, reiste 1993 mit seinen Eltern in die Bundesrepublik Deutschland ein. 2015 beantragte er seine Einbürgerung mit der Maßgabe, seine bosnisch-herzegowinische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben zu müssen. Diesen Antrag lehnte das Landratsamt Karlsruhe mit der Begründung ab, eine Einbürgerung setze grundsätzlich voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgebe. Die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz lägen nicht vor. Seine nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, er könne im Sinne der in § 12 Staatsangehörigkeitsgesetz vorgesehenen Ausnahmeregelung seine Staatsangehörigkeit nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben. Die Aufgabe seiner Staatsangehörigkeit wäre die Vollendung des in den Jahren 1992 bis 1995 erfolgten Genozids an den Bosniern; denn damit verspotte er das dadurch entstandene Leid. Das Recht, seinem Gewissen zu folgen, sei grundrechtlich verbürgt. Im Übrigen würden ihm bei Aufgabe seiner Staatsangehörigkeit Nachteile vermögensrechtlicher Art entstehen; denn Bosnier würden in der Republika Srpska (dem serbisch dominierten Teil von Bosnien und Herzegowina), in der seine Eltern Grundeigentum hätten, diskriminiert. Es bestehe die Gefahr, dass die Republika Srpska aus dem Staat Bosnien und Herzegowina mit der Folge ausscheide, dass bosnischen Staatsangehörigen und Menschen nicht serbischer Herkunft keine Rechte mehr zugestanden würden.
Dem ist die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt und hat zur Begründung ihres die Klage abweisenden Urteils ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung, weil er nicht bereit sei, seine Staatsangehörigkeit aufzugeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Erfordernis der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit lägen nicht vor. Zum einen entstünden dem Kläger durch die Aufgabe der bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit keine erheblichen Nachteile. Zwar könnten Erbrechtsbeschränkungen als ein erheblicher Nachteil anzusehen sein. Dies gelte regelmäßig aber erst nach Eintritt des Erbfalls. Zuvor könne sich der Kläger lediglich auf eine Erwerbschance berufen. Im Übrigen habe er einen Zusammenhang zwischen einer (drohenden) Diskriminierung durch die Republika Srpska und dem Verlust der bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit nicht plausibel dargelegt. Zum anderen rechtfertige der vom Kläger behauptete Gewissenskonflikt keine Ausnahme von dem Erfordernis der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Sein Vorbringen, die Aufgabe seiner bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit wäre die Vollendung des Genozids an den Bosniern, überzeuge nicht. Es sei fernliegend, dass durch die Aufgabe einer Staatsangehörigkeit Verbrechen relativiert würden oder eine Geringschätzung für die Leiden eines Volkes ausgedrückt werde. Der Verlust der Staatsangehörigkeit ändere nichts an der Herkunft einer Person und führe auch nicht dazu, dass sie ihr Gedächtnis korrigieren müsste. Warum die Aufgabe seiner Staatsangehörigkeit gleichwohl ein Verrat an den Kriegsopfern sein solle, den er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, habe der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Gesetzgeber habe sich gegen eine uneingeschränkte Hinnahme von Mehrstaatigkeit entschieden. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit, sich zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit zu entscheiden, sei nicht als solche schon unzumutbar. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden insoweit nicht.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 01.03.2017 - 4 K 2840/16.
Die Anwaltskanzlei Prnjavorac verfügt über eine zwanzigjährige Erfahrung in den mit der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina verbundenen Angelegenheiten, und besonders im Bereich der Prozedur der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina, dem Procedere des Erwerbs der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina sowie in anderen Fachangelegenheiten, die sich auf die Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina beziehen. Außer dem Angeführten vertreten wir Klienten vor Gericht in Bosnien und Herzegowina, insofern ihnen die Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina entzogen wurde.
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