STEUERRECHT
Mitglieder im Pflegeverein können steuerfrei pflegen
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München (jur). Arbeiten Mitglieder eines Pflegevereins in der häuslichen Pflege, können diese Leistungen umsatzsteuerfrei sein. Voraussetzung hierfür ist, dass die Pflegekraft mit den Pflegekassen Verträge über die häusliche Pflege abschließen kann, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 14. Oktober 2015, veröffentlichten Urteil (Az.: V R 13/14).
Damit bekam eine Pflegekraft aus Nordrhein-Westfalen recht. Die Frau hatte 2007 und 2008 als Mitglied eines Pflegevereins als Pflegehelferin in den Haushalten pflegebedürftiger Personen gearbeitet. Über eine abgeschlossene Ausbildung zur Alten- oder Krankenpflegerin verfügte sie nicht.
Sie schloss mit dem Verein jedoch Qualitätsvereinbarungen ab und wurde so zu einem sogenannten aktiven Vereinsmitglied, das häusliche Pflege leistet. Zur Finanzierung der Pflege schloss der Verein Verträge mit den pflegebedürftigen Personen und den Pflegekassen ab.
Das Finanzamt verlangte für die erbrachte häusliche Pflege Umsatzsteuer. Eine Umsatzsteuerfreiheit nach EU-Recht sei nur möglich, wenn die Pflegekassen unmittelbar die Kosten tragen. Die Stellung der Frau als Subunternehmerin für einen Verein, der Leistungen an die Pflegekassen erbringe, reiche nicht aus.
Das Finanzgericht Münster entschied, dass die Klägerin zwar über ihren Tätigkeitsumfang selbst entscheiden konnte. Auch bezahlten Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhielt sie nicht, so dass sie als Unternehmerin tätig war. Nach deutschem Recht sei sie danach steuerpflichtig. Die Klägerin könne sich aber auf das günstigere EU-Recht berufen. Danach seien die Pflegeleistungen steuerfrei, weil die Kosten von den Pflegekassen übernommen werden.
Dem folgte auch der BFH in seinem Urteil vom 18. August 2015. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Pflege seien nach EU-Recht umsatzsteuerfrei. Dabei müsse es sich um „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen handeln, der leistende Unternehmer muss als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt sein“, so der BFH.
Für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter genüge es, dass die Klägerin als „geeignete Pflegekraft“ anzusehen war und die Möglichkeit bestand, Verträge mit den Pflegekassen für eine häusliche Pflege abzuschließen.
Die Klägerin sei als „geeignete Pflegekraft“ anzusehen, da sie mit dem Verein Qualitätsvereinbarungen abschloss und „Nachweise über Fortbildungen“ vorlegte. Auf einen Berufsabschluss komme es hier nicht an.
Die Münchener Richter berücksichtigten in ihrem Urteil auch den Pflegenotstand in Deutschland. Steuerfreie Pflegeleistungen würden daher auch im Gemeinwohlinteresse liegen.
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