STEUERRECHT
Verlagerung von Internetseiten aus Steuergründen zulässig
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Luxemburg (jur). Der Betrieb bestehender Internetseiten darf auch aus steuerlichen Gründen in andere EU-Staaten verlagert werden. Missbräuchlich ist es nur, wenn durch eine entsprechende Lizenzvergabe der tatsächliche Sitz des Betreibers nur verschleiert werden soll, urteilte am Donnerstag, 17. Dezember 2015, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-419/14). Danach dürfen die Finanzbehörden bei ihren Ermittlungen auch auf Erkenntnisse zurückgreifen, die in einem noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren gewonnen wurden, solange die Grundrechte gewahrt werden.
Im Streitfall geht es um eine von dem ungarischen Unternehmen WML entwickelte Internetplattform. Dort konnten Models aus aller Welt „interaktive audiovisuelle Dienstleistungen im Erotikbereich“ anbieten. 2009 verpachtete WML die Rechte an der Plattform an die Gesellschaft Lalib mit Sitz auf der portugiesischen Atlantikinsel Madeira. Inzwischen gibt es die Seite nicht mehr; eine Nachfolge-Seite wird von einer Gesellschaft in Luxemburg betrieben.
Die ungarischen Steuerbehörden hatten die ursprüngliche Verlagerung nach Madeira für unzulässig gehalten. Diese sei allein wegen der dort geringeren Mehrwertsteuer erfolgt und daher missbräuchlich. Entsprechend erhoben die ungarischen Steuerbehörden Umsatzsteuer von WML.
Die dagegen erhobene Klage legte das Verwaltungsgericht in Budapest dem EuGH vor.
Der betonte nun, dass es durchaus zulässig ist, den Betrieb einer Internetseite in ein anderes Land zu verlagern, um Umsatzsteuer zu sparen. Anderes gelte nur, wenn sich die Lizenz als „künstliche Gestaltung“ erweist, die verschleiern soll, dass die Internetseite weiterhin von Ungarn aus betrieben wird. Dafür müsse es „greifbare“ Anhaltspunkte geben, etwa Geschäftsräume, Personal und Ausrüstungsgegenstände.
Im konkreten Fall hatten die ungarischen Steuerbehörden Anhaltspunkte für einen Missbrauch offenbar auch aus einem Strafverfahren. Hierzu entschied der EuGH, dass die Steuerbehörden diese Erkenntnisse nutzen dürfen, soweit die Grundrechte beachtet werden. So müsse beispielsweise eine Telefonüberwachung oder die Beschlagnahme von E-Mails gesetzlich vorgesehen und verhältnismäßig gewesen sein.
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