INTERNETRECHT
Abmahn-Soforthilfe: Filesharing-Abmahnung durch Waldorf, U+C, Rasch und Co. erhalten?
Autor: Rechtsanwalt Jürgen M. Steinle - Rechtsanwalt
Abmahn-Soforthilfe: Filesharing-Abmahnung durch Waldorf, U+C, Rasch und Co. erhalten?
Im folgenden Beitrag erfahren Sie alles Wesentliche über Abmahnungen im Bereich Filesharing in sechs Schritten
1. Was Ihnen in der Abmahnung vorgeworfen wird
In dem Abmahnschreiben stellt sich Ihnen eine Rechtsanwaltskanzlei vor, die von einem Rechtsinhaber/Urheber eines Musikstücks, Hörbuchs oder Films beauftragt wurde. Sie werden angeschrieben, da über Ihren Telefon-/Internetanschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Konkret wird Ihnen vorgeworfen, dass Sie über Ihren Anschluss das im Schreiben angesprochene Werk zum Download verfügbar gemacht haben. Mit anderen Worten: ein Dritter konnte das Werk über Ihren Anschluss/PC herunterladen. De facto ist dies nur durch die Teilnahme an einem Filesharing-System möglich.
2. Wer abmahnt und was verlangt wird
Die im Internet am häufigsten genannten Namen abmahnender Kanzleien sind Waldorf (München), U+C (Regensburg), Rasch (Hamburg), Winterstein (Frankfurt), C-S-R (Ettlingen).
In allen Schreiben verlangen die Rechtsanwälte der jeweiligen Kanzleien mit mehr oder weniger weit schweifenden Ausführungen die Abgabe einer vorformulierten und beigefügten Unterlassungserklärung. Zudem wird die Zahlung eines gewissen Betrags (450 € bis zu 1.500 € und mehr) innerhalb einer zumeist sehr kurz bemessenen Frist verlangt. Andernfalls werden gerichtliche Weiterungen angekündigt.
3. Die Rechtslage bei Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte
Wurden Schutzrechte verletzt, so bestehen im Allgemeinen Unterlassungs-/Beseitigungs- und Schadensersatzanprüche. Der verletzte Rechteinhaber kann dabei grundsätzlich gegen zwei Verantwortliche vorgehen. Zum einen gegen den Handlungsstörer, also diejenige Person, die am PC gesessen und den Download zugelassen hat. Zum anderen kann er den Zustandsstörer, also den Anschlussinhaber (= Empfänger der Telefonrechnung), in Anspruch nehmen. Die unter 2. genannten Kanzleien schreiben daher immer den Anschlussinhaber an, den sie zuvor mithilfe der gespeicherten IP-Adresse und des Hash-Werts über den Provider ausfindig gemacht haben. Grundsätzlich bestehen die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, ohne dass es auf ein Verschulden des Anschlussinhabers ankommt. Für das Bestehen von Schadensersatzansprüchen ist dagegen ein Verschulden erforderlich. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten bejahen die Instanzgerichte zumeist einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Um die ausufernde Haftung des Anschlussinhabers zu begrenzen, haben die Obergerichte ausgeführt, dass die Verletzung einer Prüfpflicht Haftungsvoraussetzung sei. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 12.05.2010 bestätigt. Darin hat er ausgeführt: "Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor I; BGH, Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 50 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker; BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; BGH, Urt. v. 9.2.2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Tz. 32 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten). b) Der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses ist adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen, die unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen. Auch privaten Anschlussinhabern obliegen insoweit Prüfungspflichten, deren Verletzung zu einer Störerhaftung führt."
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Urheber Anspruch auf Unterlassung der Verfügbarmachung des Werks hat. Diesen Unterlassungsanspruch kann er auch in einem Eilverfahren per einstweiliger Verfügung durchsetzen. Für die Abmahnschreiben besteht grundsätzlich eine rechtliche Grundlage, weshalb sie unbedingt ernst genommen werden müssen und eine fachkundige Rechtsverteidigung angezeigt ist. Wie diese aussehen sollte, erfahren Sie im Folgenden.
4.Die Reaktionen auf eine Abmahnung
In tatsächlicher Hinsicht bestehen grundsätzlich mehrere Möglichkeiten auf eine Abmahnung zu reagieren:
1. Die Abmahnung ignorieren. 2. Die Unterlassungserklärung unterzeichen und zahlen. 3. Alle oder einzelne Ansprüche dem Grunde und/oder der Höhe nach bestreiten.
Daneben sind Kombinationen möglich, z.B. die Ansprüche dem Grunde und/oder der Höhe nach zu bestreiten und eine Unterlassungserklärung in modifizierter Form abzugeben.
5. Wie Sie nicht reagieren sollten
Keinesfalls sollten Sie das Schreiben ignorieren, in den Papierkorb werfen oder binnen der gesetzten Frist gar nicht reagieren. Dadurch hat die Gegenseite mit Ihnen „leichtes Spiel". Denn in diesen Fällen werden Sie nach Eilantrag per einstweiliger Verfügung des Gerichts dazu verpflichtet, das weitere Verfügbarmachen des Werks zu unterlassen. Diese Eilentscheidung ergeht meist, ohne dass Sie angehört werden, denn aufgrund der Eilbedürftigkeit ist in diesen Verfahren eine mündliche Verhandlung nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Von dem Antrag und der Entscheidung erfahren Sie erst, wenn es bereits zu spät ist und Ihnen beides vom Gerichtsvollzieher zugestellt wird. Gleichzeitig werden Sie darin verurteilt, die Kosten des Eilverfahrens zu tragen, also die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten der Gegenseite. Diese berechnen sich nach dem festgesetzten Streitwert. Im Ergebnis müssen Sie je nach Gericht mit Kosten von etwa 1500 - 2000 € rechnen, wobei dies voraussetzen würde, dass Sie die Entscheidung akzeptieren. Andernfalls müssen Sie mittels Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vorgehen und so versuchen, die nachteilige gerichtliche Eilentscheidung „aus der Welt zu schaffen", wozu Sie Ihrerseits einen Rechtsanwalt benötigen. Dies ist wiederum mit erheblichen Kosten verbunden.
Ebenfalls nicht zu empfehlen ist es, (etwa aus Angst) die vorformulierte Unterlassungserklärung abzugeben und den verlangten Betrag zu bezahlen. Denn Sie können selbst kaum abschätzen, ob die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestehen. So kann der Urheber durch seinen Rechtsanwalt nicht einfach einen Betrag als Schaden behaupten und diesen von Ihnen ersetzt verlangen.
6. Wie Sie in Ihrem Fall reagieren sollten
Eine pauschale und für alle Fälle zutreffende Verteidigungsstrategie gibt es nicht. Vielmehr sollte zunächst immer im Einzelfall geprüft werden, ob eine Prüfpflicht verletzt wurde und ob/wie es zu dem Download gekommen ist. Neben den Einwendungen dem Grunde nach sollte überlegt werden, welcher Betrag der Höhe nach gefordert werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch an § 97a Abs. 2 UrhG zu denken. Meist bietet es sich an, eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, um der Gegenseite das „starke Schwert" des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aus der Hand zu schlagen. Sollten Sie sich dafür entscheiden, Ihrerseits anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, sollten Sie darauf achten, dass Sie einem auf dem Gebiet erfahrenen und versierten Kollegen das Mandat erteilen.