ARBEITSRECHT
Fachanwalt für Arbeitsrecht Frankfurt: Taktik für Führungskräfte
Autor: Robert Mudter - Rechtsanwalt
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 21. März 2018 - 10 AZR 560/16) hat eine interessante neue Entscheidung getroffen, in der es um eine häufige Konstellation bei einer Kündigungsschutzklage geht. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gestellt und gewinnt erstinstanzlich. Geht der Arbeitgeber nun in Berufung, ist das Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nicht nur bis zum rechtskräftigen Abschluss (oder Vergleich) zu bezahlen, sondern zusätzlich auch noch zu beschäftigen, äußerst gering. Dass der Arbeitnehmer wieder im Betrieb auftaucht ist meist nicht gewünscht. gerade für Führungskräfte und Leitende Angestellte ist wiederum die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs auf Beschäftigung ein probates taktisches Mittel.
Kommt der Arbeitgeber dem Beschäftigungsanspruch nicht nach, wird der Arbeitnehmer aus dem erstinstanzlichen Urteil vollstrecken wollen. Eine häufige Reaktion des Arbeitgebers ist es nun im Rahmen der sogenannten Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) einzuwenden, der Arbeitnehmer könne gar nicht mehr beschäftigt werden, da der Arbeitsplatz eben nicht mehr existent sei, zum Beispiel aufgrund einer Umstrukturierung entfallen. Der Arbeitgeber beruft sich also darauf, dass eine Beschäftigung auf dem vormaligen Arbeitsplatz unmöglich geworden ist. Unmöglichkeit in diesem Sinne ist ein juristischer Begriff.
In dem konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer beantragt „zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Direktor Delivery Communication & Media Solutions Deutschland und General Western Europe auf der Managerebene 3“ beschäftigt zu werden. Die Arbeitgeberin hatte sich gegen den Titel auf Beschäftigung mit dem Argument gewehrt, die Beschäftigung sei unmöglich, da „der Arbeitsplatz aufgrund konzernübergreifender Veränderungen der Organisationsstruktur weggefallen sei.“ Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht angeboten oder zugewiesen.
Die Revision des Arbeitnehmers zu dem Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg. In seiner Entscheidung betonte das BAG, dass selbst, wenn die Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr möglich ist, da der Arbeitsplatz weggefallen ist, der Arbeitgeber sich auf dieses Argument nicht berufen kann. Eine solche Argumentation durch den Arbeitgeber sei treuwidrig. Selbst wenn der konkret eingeklagt Arbeitsplatz nicht mehr existent ist, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in diesem Falle eine andere Beschäftigung zuweisen, die vertragsgemäß ist. Dies hatte der Arbeitgeber in dem vorliegenden Fall nicht getan. Auch hatte der Arbeitgeber nicht vorgetragen, dass eine solche Beschäftigung nicht möglich wäre.
Gerade bei Führungskräften ist eine solche Konstellation häufig. Die Führungskraft wird (angeblich) wegrationalisiert. Kommt es bei den Abfindungsverhandlungen nicht zu dem gewünschten Ergebnis, wird oft eine erstinstanzliche Entscheidung abgewartet. Ergeht eine Entscheidung im Sinne der Führungskraft, so können, unabhängig von der Frage der Einlegung der Berufung, bestimmte Teile der Klage jetzt schon vorläufig vollstreckt werden. Vollstreckbar ist hier etwa der Anspruch auf Beschäftigung. Unabhängig von der Frage, ob eine weitere Beschäftigung tatsächlich gewünscht ist, kann dies aus taktischen Gründen, also um bei den Verhandlungen den Abschluss einer attraktiven Aufhebungsvereinbarung zu beschleunigen, sehr zielführend sein. Arbeitgebern kann in dieser Konstellation nur angeraten werden spätestens jetzt einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten. Wie sich auch aus der Entscheidung des BAG ergibt, gibt es immer noch Mittel und Wege die Unmöglichkeit geltend zu machen.