SOZIALRECHT
Landwirtschaftliche Alterssicherung; Erziehungsgeldrecht
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Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. Januar 2002 über zehn Revisionen aus dem Recht der landwirtschaftlichen Alterssicherung und dem Erziehungsgeldrecht sowie über drei Nichtzulassungsbeschwerden entschieden. Zwei Rechtsstreitigkeiten wurden ohne Urteil beendet.
A. Mit mündlicher Verhandlung
1) Die Beteiligten schlossen zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich.
SG Dortmund - S 30 Kg 31/91 -
LSG Nordrhein-Westfalen - L 13 Kg 91/94 - - B 10/14 EG 6/99 R -
2) Auch dieser Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet.
SG Detmold - S 12 Kg 11/97 -
LSG Nordrhein-Westfalen - L 13 EG 49/98 - - B 10/14 EG 7/99 R -
3) Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Klägerin ist für die Zeit vom 7.7.1992 bis 6.1.1993 Landeserziehungsgeld zu gewähren. Zwar beschränkt Art 1 Abs 1 Nr 5 des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG) den Anwendungsbereich auf Deutsche und Staatsangehörige eines EG-Mitgliedstaates. Dies steht indessen in Widerspruch zum europäisch-türkischen Assoziationsrecht. Nach Art 3 Abs 1 iVm Art 4 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 des Assoziationsrats vom 19.9.1980 haben türkische Staatsangehörige, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die der Beschluss Nr 3/80 gilt, unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit wie die Staatsangehörigen des Wohnsitzstaates. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Assoziationsrat mit dem genannten Beschluss nicht die im Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft festgelegten Kompetenzen überschritten.
Bei dem bayerischen Erziehungsgeld handelt es sich um eine Familienleistung iS des Art 4 Abs 1 Buchst h des Assoziationsrats-Beschlusses Nr 3/80. Für das Bundeserziehungsgeld hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits angenommen, dass es zu den Familienleistungen iS der EWG-Verordnung 1408/71 zu rechnen ist. Die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte haben auch bei der rechtlichen Einordnung des Erziehungsgeldes nach dem BayLErzGG Bedeutung.
Dem Anspruch der Klägerin steht schließlich nicht entgegen, dass die Leistung auf Bayern begrenzt ist. Darauf, welche Gebietskörperschaft mit welchem Geltungsbereich Rechtsvorschriften
über die Gewährung von Sozialleistungen erlässt, kommt es für das Gleichbehandlungsgebot des europäischen Rechts nicht an.
SG Bayreuth - S 10 EG 14/92 -
Bayerisches LSG - L 9 EG 7/00 - - B 10 EG 2/01 R -
4) In diesem Rechtsstreit hat der Senat beschlossen, über die Revision ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten zu entscheiden.
SG München - S 37 EG 52/92 -
Bayerisches LSG - L 9 EG 9/00 - - B 10 EG 3/01 R -
5) Die Revision des beklagten Landes wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Erziehungsgeld für die Zeit vom 13.1.1994 bis zum 8.8.1995. Marokkanische Arbeitnehmer und die mit ihnen zusammenlebenden Familienangehörigen sind, wenn sie sich im Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aufhalten, nach Art 40 und 41 des - hier noch anwendbaren - europäisch-marokkanischen Kooperationsabkommens bezüglich der Gewährung von Sozialleistungen wie die Angehörigen des Mitgliedstaates zu behandeln. Damit nicht vereinbare Rechtsvorschriften, zB die Beschränkung von Sozialleistungen auf bestimmte Personengruppen, dürfen nicht angewendet werden. Derartigen Normen gehen die Gleichstellungsregelungen des Kooperationsabkommens vor, weil sie nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 31.10.1991 in der Rechtssache Kziber) unmittelbar anwendbares Recht darstellen.
Es kommt nicht darauf an, ob der marokkanische Staatsangehörige im Wege des "normalen Anwerbeverfahrens" oder als politischer Flüchtling in den EU-Mitgliedstaat eingereist ist. Auch politische Flüchtlinge fallen unter den personellen Anwendungsbereich des Kooperationsrechts. Die im Vorlagebeschluss des 14. Senats des BSG vom 15.8.1998 - B 14 EG 7/97 R - geäußerte gegenteilige Auffassung gibt der - nunmehr für Streitfälle aus dem Erziehungsgeldrecht zuständige - erkennende Senat auf. Das Kooperationsabkommen statuiert den Grundsatz sozialrechtlicher Gleichbehandlung für Arbeitnehmer marokkanischer Staatsangehörigkeit, nicht nur für sog Wanderarbeitnehmer, und enthält auch keine Bestimmung, die Asylsuchende oder Flüchtlinge von dem Grundsatz der Gleichbehandlung ausnimmt.
Die Klägerin konnte den Anspruch auf Erziehungsgeld selbst geltend machen. Familienangehörige eines marokkanischen Arbeitnehmers haben einen eigenen Anspruch auf Gleichstellung mit den Angehörigen eines EU-Mitgliedstaates.
SG Aachen - S 10 Kg 6/95 -
LSG Nordrhein-Westfalen - L 13 Kg 39/96 - - B 10 EG 5/01 R -
6) Der Senat hat die Revision zurückgewiesen. Es besteht kein Anspruch auf höheres Erziehungsgeld.
Auch wenn der Kläger und seine Ehefrau während des Bezugszeitraums einen Berechtigtenwechsel vorgenommen haben, ist § 6 Abs 6 Satz 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) nicht ein zweites Mal anzuwenden. Die Vorschrift setzt voraus, dass der erste Berechtigte aus Anlass der Geburt eines Kindes seine Erwerbstätigkeit ganz aufgibt und sich der Kindererziehung widmet. Für diesen Fall bleiben bei der Ermittlung des ab 7. Lebensmonat des Kindes anzurechnenden Einkommens die bisherigen Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit des Berechtigten unberücksichtigt. Der Grund für die Regelung des § 6 Abs 6 Satz 1 BErzGG besteht darin, dass mit der vollständigen Aufgabe der Erwerbstätigkeit normalerweise eine erhebliche Veränderung des Familieneinkommens eintritt. Die verlangte nochmalige Anwendung der Vorschrift anlässlich des Berechtigtenwechsels scheitert hier nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes schon daran, dass der Kläger als neuer Berechtigter seine Erwerbstätigkeit nicht aufgegeben, sondern lediglich von einer Vollzeit- auf eine Teilzeittätigkeit reduziert hat. Die gegen die Vorschrift von der Revision erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Es liegt weder eine willkürliche Ungleichbehandlung des Klägers vor, noch zwingt die gesetzliche Regelung dazu, dass immer die Ehefrau zunächst die Kindererziehung übernimmt und den Antrag auf Erziehungsgeld stellt. Das Gesetz überlässt den Eheleuten insoweit selbst die Entscheidung, wer Berechtigter sein soll.
SG Nürnberg - S 9 EG 10/98 -
Bayerisches LSG - L 9 EG 11/98 - - B 10/14 EG 11/99 R -
7) Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Sie hat keinen Anspruch auf Ausgleichsgeld für landwirtschaftliche Arbeitnehmer, weil die Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht auf die Stilllegung von Ackerflächen zurückzuführen ist. Das LSG hat bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs die sozialrechtliche Theorie der wesentlichen Bedingung zu Grunde gelegt und alle in diesem Zusammenhang bedeutenden Umstände berücksichtigt. Hiergegen sind keine begründeten Revisionsrügen erhoben worden.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind - soweit es um Extensivierungsmaßnahmen der früheren Arbeitgeberin geht - schon deshalb nicht erfüllt, weil diese Maßnahmen nach Landesrecht gefördert wurden, ohne dass eine Genehmigung nach den einschlägigen Bestimmungen der EWG-Verordnung 2078/92 vorgelegen hat. Dies entspricht nicht der Vorschrift des § 13 Abs 1 Nr 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG).
SG Neubrandenburg - S 6 LW 2/97 -
LSG Mecklenburg-Vorpommern - L 6 LW 1/00 - - B 10 LW 13/01 R -