EUROPARECHT
EU-Kommission muss Auskunftsverlangen gegenüber Unternehmen gut begründen
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Luxemburg (jur). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat Rechte von Unternehmen bei Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission gestärkt. Nach einem am Donnerstag, 10. März 2016, verkündeten Urteil muss die Kommission Auskunftsverlangen gegenüber Unternehmen umso ausführlicher begründen, je umfassender und aufwendiger der Fragenkatalog ist. Der EuGH gab damit unter anderem den deutschen Zementherstellern HeidelbergCement (Az.: C-247/14) und Schwenk Zement (Az.: C-248/14) recht.
2010 hatte die EU-Kommission ein Kartellverfahren gegen mehrere Unternehmen der Zementbranche eingeleitet. Sie warf ihnen Marktaufteilung, Preisabsprachen und weiteres wettbewerbswidriges Verhalten vor. Nachdem die Kommission hierzu in einem vorgelagerten Prüfverfahren bereits verschiedene Auskünfte eingeholt hatte, legte sie den Unternehmen im März 2011 nochmals einen umfassenden Fragebogen vor.
Mehreren angeschriebenen Unternehmen wurde dies zu Bunt. Der Fragebogen und das dort vorgesehene Format der Antworten seien viel zu aufwendig und daher unverhältnismäßig. Sieben Unternehmen klagten: Die Kommission habe nicht begründet, wofür sie die ganzen Auskünfte benötigt und warum sie die Antworten durch formale Vorgaben weiter erschwert.
In erster Instanz wies das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klagen ab; die Kommission habe noch hinreichend konkret belegt, worum es bei den Ermittlungen gehe (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 14. März 2014, Az.: T-302/11 (HeidelbergCement), Az.: T-306/11 (Schwenk Zement) und weitere).
Mit Erfolg legten nun vier der Zementhersteller Rechtsmittel zum EuGH ein – neben HeidelbergCement und Schwenk Zement auch die italienischen Unternehmen Buzzi Unicem und Italmobiliare. Der EuGH hob nun die erstinstanzlichen Urteile auf und erklärte das Auskunftsverlangen der Kommission für nichtig. Sie habe ihre Fragen „nicht hinreichend begründet“.
Zur Begründung erklärte der EuGH, jeder Rechtsakt der EU müsse die Überlegungen der jeweiligen Behörde „so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können“. Dies sei gegebenenfalls auch Voraussetzung für eine gerichtliche Kontrolle.
So müssten bei einem Auskunftsverlangen die Rechtsgrundlage und der Zweck angegeben sein. Die Unternehmen müssten beurteilen können, ob das Auskunftsverlangen berechtigt ist, um so „den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren“.
Hier habe die Kommission sehr viele und ganz unterschiedliche Auskünfte verlangt. Gemessen daran sei die Begründung „äußerst knapp, vage und allgemein gehalten“. Insbesondere würden die „rechtfertigenden Verdachtsmomente für eine Zuwiderhandlung“ nicht deutlich. Gerade hier habe die Kommission aus dem Vorverfahren bereits ausreichende Informationen gehabt, um den Anlass der Ermittlungen „mit größerer Bestimmtheit zu formulieren“.
Nach dem Luxemburger Urteil müssen die vier Unternehmen den Fragebogen der Kommission nun nicht beantworten.
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