EUROPARECHT
Richter müssen Diskriminierung hinnehmen
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Luxemburg (jur). Wie die Beamten müssen auch Richter eine vorübergehende Fortwirkung einer früheren Altersdiskriminierung hinnehmen. Dies ist übergangsweise notwendig und auch im Interesse des Bestandsschutzes gerechtfertigt, urteilte am Mittwoch, 9. September 2015, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-20/13). Zudem haben Richter danach keinen Anspruch auf eine Maximalentschädigung.
Früher knüpfte die Besoldung von Beamten und Richtern neben der konkreten Tätigkeit auch an das Alter an. Die Gesetzgeber in Bund und Ländern gingen dabei pauschal davon aus, dass ältere Beamte über mehr Diensterfahrung verfügen.
Mit Urteil vom 19. Juni 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg dies als unzulässige Altersdiskriminierung verworfen (Az.: C-501/12, C-540/12 und weitere; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Beamte, die ihre staatliche Laufbahn bereits mit jungen Jahren begonnen haben, würden benachteiligt.
Weil dies erwartet worden war, hatte der Bund für seine rund 480.000 Beamten bereits zum Juli 2009 eine Neuregelung eingeführt. Die Besoldung knüpft danach an „Erfahrungsstufen“ und die Dienstzeit an. Außer Niedersachsen haben inzwischen alle Bundesländer diese Regelung übernommen.
Dabei knüpften die neuen Besoldungsstufen allerdings an die jeweils letzte Stufe nach dem alten System an. Obwohl dadurch die frühere Diskriminierung bei älteren Beamten bis zum Dienstende indirekt fortwirkt, hatte der EuGH dies in seinen Urteilen aus 2014 als zulässige Übergangsregelung gebilligt.
Genau gleich entschied der EuGH nun auch zu den Richtern: Die frühere Besoldung nach Altersstufen sei eine unzulässige Diskriminierung gewesen. Beim Übergang zu einer diskriminierungsfreien Regelung sei es aber unvermeidbar und daher auch von den Richtern hinzunehmen, dass die diskriminierende Altregelung vorübergehend fortwirkt.
Geklagt hatte ein Richter aus Berlin. Das Land hatte die Neuregelung des Bundes erst zum August 2011 übernommen. Mit seiner Klage machte er daher auch geltend, für die Zeit ab Inkrafttreten der Richtlinie 2000 bis zu deren Umsetzung in Berlin müsse er nach der für seine Tätigkeit höchsten Besoldungsstufe bezahlt werden.
Doch für eine derartige Maximalforderung gibt das EU-Recht nichts her, urteilte der EuGH. Über die Entschädigungen müssten die deutschen Gerichte entscheiden.
Beamten hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits pauschal eine Entschädigung von 100 Euro pro Monat seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Mitte August 2006 festgesetzt (Urteile und JurAgentur-Meldung vom 30. Oktober 2014, Az.: 2 C 3.13, 2 C 6.13 und 2 C 32.13).
Über die Klage des Richters muss nun wieder das Verwaltungsgericht Berlin entscheiden. Sofern das Gericht die Beamtenentschädigung nun auch auf den Richter überträgt, stünde ihm eine Entschädigung von 5.950 Euro zu. Davon profitieren allerdings nur Richter, die sich – wie der Kläger aus Berlin – bereits früher rechtzeitig gegen die Altersdiskriminierung gewehrt haben.
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