VERTRAGSRECHT
„Verbotene Eigenmacht“ beim Pfandleih-Modell „cash & drive“
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„Verbotene Eigenmacht“ beim Pfandleih-Modell „cash & drive“ © Symbolgrafik:© MQ-Illustrations - stock.adobe.com
Frankfurt/Main (jur). Das „cash & drive“-Modell, bei dem Pfandleihhäuser ein Auto meist unter Wert kaufen und dann dem vormaligen Eigentümer zurückvermieten, hat erneut einen rechtlichen Dämpfer bekommen. Wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Freitag bekanntgegebenen Urteil entschied, dürfen die Pfandleihhäuser bei Mietrückständen das Auto nicht einfach ohne Wissen der Kunden abholen und verkaufen(Az.: 2 U 165/21). Dies sei eine „verbotene Eigenmacht“ und die entsprechende Vertragsklausel daher unwirksam.
Das beklagte, bundesweit tätige Pfandleihhaus verfolgt neben dem klassischen Pfandleihgeschäft auch ein „cash & drive“-Modell für Autos. Sie kauft den Eigentümern ihr Fahrzeug ab und vermietet es ihnen dann gegen ein monatliches Entgelt. Nach Ende der Vertragslaufzeit soll das Auto wieder zurückübertragen werden.
Die Klägerin verkaufte der Beklagten auf diese Weise ihren damals etwa 9 Jahre alten Kleinwagen Hyundai. Das Pfandleihhaus zahlte ihr 1.500 Euro aus und vermietete es der Klägerin für monatlich 148,50 Euro zurück. Die Vertragsbedingungen sahen vor, dass das Pfandleihhaus das Auto ohne Ankündigung „sicherstellen“ und dafür auch nachts das Grundstück der Kundin betreten durfte.
Als hier die Kundin keine Miete mehr zahlte, forderte das Pfandleihhaus sie zur Rückgabe des Autos auf und holte es dann ohne weitere Ankündigung ab. Die Klägerin konnte zwar einen Titel auf Herausgabe des Autos erwirken. Die Zwangsvollstreckung daraus hatte jedoch keinen Erfolg, weil das Auto bereits verkauft und sein Verbleib unbekannt war.
Mit ihrer Klage verlangte die Frau daher Wertersatz für ihr Auto in Höhe von 3.750 Euro sowie eine Nutzungsentschädigung für zwei Jahre in Höhe von rund 17.000 Euro.
Das OLG verurteilte das Pfandleihhaus zum Wertersatz in geforderter Höhe. Bei der Nutzungsentschädigung rechnete es der Kundin ein hälftiges Mitverschulden an und sprach ihr daher 8.700 Euro zu.
Ob das Pfand-Miet-Geschäft insgesamt wirksam war, ließen die Frankfurter Richter dabei offen. Unwirksam sei jedenfalls die Vertragsklausel zur „Sicherstellung“ des Autos; diese benachteilige die Kundinnen und Kunden unangemessen. Es handele sich um eine „verbotene Eigenmacht“; das Gesetz wolle eine solche „Selbstexekution oder Selbstjustiz“ gerade verhindern.
Daher könne die Klägerin Wertersatz für ihr Auto und auch Schadenersatz für die vorenthaltene Nutzung verlangen. Allerdings trage sie eine Mitschuld, weil sie sich erst nach zwei Jahren ein Ersatzfahrzeug gekauft habe.
Die Revision gegen dieses Urteil vom 26. Mai 2023 ließ das OLG nicht zu. Hiergegen ist aber noch die Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe möglich.
Einem Unternehmen aus Oberbayern hatte die zuständige Aufsichtsbehörde ein vergleichbares Geschäftsmodell „Auto verkaufen und weiter fahren“ untersagt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte dieses Verbot bestätigt (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 7. Juli 2021, Az.: 8 C 28.20).
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock