STRAFRECHT
Zahlreiche kleinere Straftaten führen nicht zur Ausweisung
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Leipzig (jur). Anerkannte Flüchtlinge dürfen nicht wegen mehrerer kleinerer Straftaten ausgewiesen werden. Voraussetzung ist eine Straftat, die für sich allein genommen mit mindestens drei Jahren Haft geahndet worden wäre, wie am Donnerstag, 31. Januar 2013, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied (Az.: 10 C 17.12).
Geklagt hatte ein heute 39-jähriger Türke, der seit 1979 in Deutschland lebt. Wegen seiner syrisch-orthodoxen Religionszugehörigkeit wurde er 1999 als Asylberechtigter anerkannt. Seit seinem 14. Lebensjahr hat er mehrere Straftaten begangen und ist mehrfach verurteilt worden.
Im Jahr 2000 beging er zwei weitere Straftaten. 2001 wurde er unter anderem wegen versuchter räuberischer Erpressung und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dabei fasste das Gericht Einzelstrafen von zwei Jahren und zehn Monaten sowie von sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zusammen.
Laut Gesetz ist die Flüchtlingsanerkennung zu widerrufen, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer mindestens dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Gestützt darauf nahm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anerkennung zurück, um so die Ausweisung des Türken zu ermöglichen.
Wie nun das Bundesverwaltungsgericht entschied, meint das Gesetz jedoch eine einzelne, besonders schwere Tat. Eine wegen mehrerer Taten gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren reiche daher für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nicht aus. Das gelte selbst dann, wenn es wie hier „um einen schon vielfach verurteilten ‚Intensivstraftäter’ geht“. Denn nur nach einer einzelnen, besonders schweren Straftat komme es auf die Wiederholungsgefahr überhaupt an.
Im konkreten Fall soll nun allerdings das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg noch prüfen, ob syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei auch heute noch Verfolgung droht. Wird dies verneint, kann dies die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigen.
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