ARBEITSRECHT
Arbeitnehmer droht mit der Presse: Risiko Kündigung durch Arbeitgeber?
Autor: Robert Mudter - Rechtsanwalt
Gerade im Rahmen von „harten“ Verhandlungen hat der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Robert Mudter, die Erfahrung gemacht, dass Arbeitnehmer ankündigen „bestimmte Vorfälle an die Öffentlichkeit zu bringen“. Das LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.5.2014 (5 Sa 60/14) hatte über einen entsprechenden Fall zu entscheiden. Auch in späteren Fällen verschiedener Arbeitsgerichte, in welche der Autor verwickelt war - oder von denen er Kenntnis hatte - kam es häufig zu der Fragestellung ob eine Veröffentlichung Sinn macht.
Die klare Empfehlung: Reden ist silber, Schweigen ist gold. Gerade bei Aufhebungsverhandlungen gibt es bessere Strategien.
Die Drohung mit der Presse (Print, Veröffentlichung im Internet, etc.) birgt immer das erhebliche Risiko, dass der Arbeitgeber eine (außerordentliche) Kündigung aussprechen kann, die auch wirksam ist.
In dem konkreten Fall ging es um einen Mitarbeiter, welcher sich an den Vorstand wandte mit dem Hinweis: „ die Geschäftsführung sei in Vorfälle involviert, welche sowohl für das Finanzamt, aber auch für die Staatsanwaltschaft von großem Interesse seien“. Er teilte auch mit, dass er bei seinem Anwalt Informationen hinterlegt habe, die er – im Falle dass er gekündigt würde – an die Öffentlichkeit weiterleiten werde. In dem Urteil heißt es:
„Er werde die Unterlagen an das Finanzamt, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, die Staatsanwaltschaft, die Presse, das Fernsehen, den Rundfunk, den Bundesverband und den Bezirksverband der AWO sowie an den Vorsitzenden der CDU-Stadtratsfraktion versenden lassen, falls man sein Arbeitsverhältnis kündigen sollte.“
Dem Mitarbeiter wurde wegen dieser Drohung außerordentlich gekündigt. Auch wehrte sich der Arbeitgeber mit einer Unterlassungserklärung. Der Arbeitnehmer legte Kündigungsschutzklage ein und verlor. Dies obwohl der Arbeitnehmer sich verpflichtet hatte, die Drohungen nicht umzusetzen und obwohl es die angeblich bei einem Anwalt hinterlegten Unterlagen wohl nicht gab.
Interessant ist die Argumentation des LAG: Es betonte, dass der Kündigungsgrund nicht die Drohung mit Staatsanwaltschaft und Finanzamt war, sondern die Drohung Informationen an die Presse etc weiter zu geben. Aus Sicht des LAG hat der Arbeitnehmer damit gezeigt, dass er sämtliche Loyalitätspflichten missachten wollte. Das LAG führt aus:
„Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat, weil er den drei Vorstandsmitgliedern des Beklagten im Gespräch vom 22.02.2013 damit gedroht hat, Geschäftsunterlagen des Beklagten, die er in einer Anwaltskanzlei hinterlegt habe, an die Presse, das Fernsehen, den Rundfunk, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin sowie an den Vorsitzenden der CDU-Stadtratsfraktion versenden zu lassen, falls man sein Arbeitsverhältnis kündigen sollte. Durch diese Drohung hat der Kläger die unverzichtbare Loyalität zur Kooperation mit seinem Arbeitgeber vermissen lassen. Sein nötigendes Verhalten wäre grundsätzlich sogar geeignet gewesen, eine außerordentliche Kündigung zu begründen (so schon BAG 11.03.1999 - 2 AZR 507/98 - AP BGB § 626 Nr. 149).“
Die Drohung, die Staatsanwaltschaft und das Finanzamt einzuschalten, war möglicherweise sogar gerechtfertigt. So wird eine Strafanzeige eines Arbeitnehmers wegen illegaler Verstöße des Arbeitgebers nach Ansicht des LAG vom Schutzbereich des Art. 10 EMRK erfasst.
Weiter führt das LAG aus:
„Eine Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden wäre ausreichend gewesen, um die vom Kläger befürchtete eigene (steuer-)strafrechtliche Verantwortlichkeit zu vermeiden, die er in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer als Motiv seines Handels herausgestellt hat. Der Kläger hätte zunächst den Verlauf der Strafverfahren abwarten können und müssen. Seine Drohung, den Beklagten durch die Versendung der Geschäftsunterlagen an die Öffentlichkeit anzuprangern, um ihm durch die Enthüllungen einen (Image-)Schaden zuzufügen, stellte eine völlig unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Vorstandes im Verlauf des Gesprächs vom 22.02.2013 dar.“
Das LAG hielt also fest, dass die Drohung mit Einschaltung der Presse für einen Arbeitgeber nicht hinnehmbar ist. Auch wenn es tatsächlich strafrechtlich relevante Vorgänge gegeben hat, sollte daher maximal über eine Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden nachgedacht werden.
Auch wenn diese Entscheidung ein Einzelfall ist, bleibt doch das große Risiko selbst wirksam, gekündigt zu werden. Auch bei härteren Aufhebungsverhandlungen macht es daher Sinn, einen kühlen Kopf zu bewahren und jeden Schritt wohl zu überlegen. Die unüberlegte Drohung mit der Presse kann Sie schnell ins „Aus“ katapultieren.