ARBEITSRECHT
Aufhebungsvertrag oder Kündigung erhalten? Erste Hilfe für Führungskräfte
Autor: Robert Mudter - Rechtsanwalt
Manchmal überstürzen sich die Ereignisse. Es beginnt mit einem schnell einberufenen Meeting, es kann aber auch der Zuruf auf dem Flur sein. Wie immer auch kommuniziert, ist die Quintessenz die Gleiche: Wir würden uns gerne von Ihnen trennen. Dies kann der mehr oder weniger offen kommunizierte Trennungswunsch sein oder die Übergabe einer Kündigung. Am Ende stehen der Aufhebungsvertrag und Abfindungsverhandlungen. Sie sind Führungskraft? Personalleiter/in, Senior Vice President…… Sie sind es gewohnt Entscheidungen über andere zu treffen und plötzlich wird eine Entscheidung über Sie getroffen.
Meist ist diese Mitteilung sehr überraschend. Die Ereignisse im Kopf überstürzen sich. Zwischen Ratlosigkeit, Niedergeschlagenheit und Kampfeswille gehen die Gedanken hin und her. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle einige wichtige Tipps geben, um aus diesem vermeintlichen Karriereknick einen weiteren Baustein in eine erfolgreiche Zukunft zu formen.
5 wichtige Tipps auf dem Weg in die Zukunft. Was passiert ist, ist passiert. Nun liegt es an Ihnen die Weichen zu stellen!
1. Ruhe bewahren
Soweit möglich, sollten Sie sich eine kurze Auszeit nehmen und die Ereignisse Revue passieren lassen. Wie konnte es zu dieser Situation kommen? Hatte sich diese Situation abgezeichnet? Wie können Sie Schäden an Ihrer Reputation verhindern? Was sind die nächsten Schritte?
Sie sollten sich einen Sparringspartner suchen, der mit dieser Situation vertraut ist und der sie rechtlich und menschlich in dieser schwierigen Situation unterstützt. Gerade in einer so persönlichen Situation ist es wichtig diese sachlich zu betrachten. Der Rat von Freunden mag hilfreich sein, letztendlich geht es jedoch darum, eine arbeitsrechtliche Situation abzuklären und festzuhalten, wo genau sie stehen. Aus unserer Erfahrung führt nichts an dem Gang zu einem versiertem Fachanwalt für Arbeitsrecht vorbei. Sie haben einen beruflichen und privaten Lebensweg. Beide gilt es zu bewahren und fortzuführen. Dabei ist etwa auch zu überlegen, ob Sie nicht nur Führungskraft, sondern Leitender Angestellter sind. Sind Sie Leitender Angestellter existieren arbeitsrechtliche Sondervorschriften. Sie benötigen eine fundierte Einschätzung um Ihre Optionen zu kennen. Nur was ich kenne, kann gegeneinander abgewogen werden. Es geht nicht nur um das Verhältnis zu Ihrem Arbeitgeber, es geht auch um Geschäftspartner, Kunden und die Selbsteinschätzung. Kontraproduktiv wäre es, etwa wütend sofort nach Außen zu treten….also Ruhe bewahren und Rat einholen. Am Ende kann ein Aufhebungsvertrag stehen und dieser sollten Ihren Lebensweg reflektieren.
2. Fristen beachten
Die wichtigste Frist, welche zwingend zu beachten ist, ist die durch eine Kündigung ausgelöste Frist. Spätestens drei Wochen nach Zugang einer Kündigung muss eine Kündigungsschutzklage eingereicht worden sein. Wird diese Frist versäumt machen auch regelmäßig Verhandlungen wenig Sinn. Der Arbeitgeber wird nicht verhandeln, wenn er kein Risiko hat. Haben Sie die Klagefrist versäumt, gilt die Kündigung regelmäßig als zugestanden.
Daneben sind jedoch noch weitere Fristen zu beachten. Etwa im Fall einer unberechtigten Freistellung können sie einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung haben. Dieser wäre im Wege einer einstweiligen Verfügung gegebenenfalls unverzüglich geltend zu machen. Agieren Sie also bitte zügig.
3. Kündigungsschutz als Führungskraft?
Als Führungskraft könnten Sie Leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG sein. Wichtiges Kriterium ist die Frage, ob Sie zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Sollte dies der Fall sein, kann sich der Arbeitgeber von Ihnen leichter trennen. Warum? Der Arbeitgeber kann vor dem Arbeitsgericht einen Auflösungsantrag stellen, ohne dass er ihn begründen muss. Die Folge ist, dass durch das Arbeitsgericht eine Abfindung festgelegt wird. Die Abfindung fällt dann oft deutlich niedriger als eine frei verhandelte Abfindung aus. Die meisten Mitarbeiter, die in der betrieblichen Praxis als leitende Angestellte angesehen werden, müssen sich deshalb aber keine Sorgen machen. Der Status wird anhand juristischer Kriterien bestimmt. Oft heißt es in Arbeitsverträgen: Sie sind leitender Angestellter. In der Regel ist dies irrelevant. Unsere Erfahrung: Echte Leitende Abgestellte sind so häufig wie weiße Eichhörnchen….aber auch die soll es ja geben. Hier muß so oder so gut vorbereitet werden.
4. Ihr guter Ruf
Teil von professionell geführten Verhandlungen muss es sein, erst einmal einen Status quo zu erreichen. Das sollte sowohl im Interesse des Arbeitgebers, aber auch in Ihrem Interesse – gerade wenn Sie eine hohe Visibilität haben – darauf geachtet werden, dass kein Schaden an der Reputation eintritt. So sollte über eine Sprachregelung in einem Aufhebungsvertrag zumindest nachgedacht werden. Es kann aber auch Teil der Überlegungen sein, gegen eine Freistellung vorzugehen oder zu agieren, wenn Sie unmittelbar von allen geschäftlichen Kommunikationsmitteln abgeschnitten werden. Möglicherweise haben Sie einen Anspruch darauf, wieder auf der Homepage zu erscheinen oder können durchsetzen, dass Sie wieder in die Firmenkommunikation eingebunden werden. All dies muss im Interesse Ihres guten Rufes angedacht werden.
5. Abfindung statt Arbeitsplatz?
Die Konsequenz von Verhandlungen, mit oder ohne arbeitsgerichtliche Unterstützung ist oft ein Aufhebungsvertrag. Je geschickter hier verhandelt wird, desto besser die Lösung. Eine gute Lösung muss nicht zwingend nur eine hohe Abfindung beinhalten. Es geht immer auch um ein Gesamtpaket. Es geht nicht darum sich den Arbeitsplatz abkaufen zu lassen, es geht darum, Startkapital für einen neuen Lebensabschnitt zu gewinnen. Neben einem hervorragenden Zeugnis, eine zielführenden Sprachregelung und der Regelung sämtlicher wirtschaftlicher Aspekte spielt natürlich auch die Abfindung eine Rolle. Je früher Sie den Kontakt zu einem Profi suchen, desto geringer das Risiko, dass Sie sich den Arbeitsplatz nur billig abkaufen lassen.
Also: Bewahren Sie Ruhe, schätzen Sie Ihre Situation ein, achten auf Fristen und stellen die Weichen für den Fortgang Ihrer Karriere.
Autor: Fachanwalt für Arbeitsrecht Robert Mudter