SOZIALRECHT
Krankenkasse muss Kosten für "Viagra" zahlen
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Ist die Verordnung von „Viagra“ aus medizinischen Gründen erfolgt, kann die Krankenversicherung ihrem Versicherungsnehmer nicht entgegenhalten, die Einnahme des Mittels und die Ausübung des Geschlechtsverkehrs seien wegen seiner Kreislauferkrankung zu gefährlich.
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine private Krankenversicherung, auf Erstattung der Kosten für „Viagra“ in Anspruch. Er leidet an einer koronaren Herzkrankheit, die bereits zu einem Infarkt geführt hat. Nach den vom Gericht eingeholten medizinischen Gutachten hat diese Grunderkrankung zu einer sogenannten erektilen Dysfunktion geführt. Beruht die Potenzstörung damit auf einer Krankheit, ist sie also nicht lediglich altersbedingt, stellt sie eine Gesundheitsstörung dar. Das Medikament „Viagra“ ist, wie das medizinische Gutachten weiter bestätigt hat, grundsätzlich zur Behebung der Potenzstörung geeignet.
Das Landgericht Mannheim hatte eine Zahlungspflicht der Versicherung gleichwohl mit der Begründung verneint, die Einnahme von „Viagra“ und die Ausübung von Geschlechtsverkehr führten bei dem Kläger wegen seines Gesundheitszustands zu nicht mehr vertretbaren Risiken, weshalb von einer medizinischen Notwendigkeit im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht ausgegangen werden könne. Dieser Auffassung ist der für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entgegengetreten. Zwar müsse nach den Aussagen des medizinischen Gutachtens davon ausgegangen werden, dass bei dem Kläger ein erhebliches Risiko eines Herzanfalls bestehe, welches durch die Einnahme von „Viagra“ und den Geschlechtsverkehr noch erhöht werde. Es sei jedoch Sache des Klägers zu entscheiden, ob er diese mit der sexuellen Aktivität einhergehenden Risiken in Kauf nehme. Die Verpflichtung der Krankenkasse zur Erstattung der Kosten entfalle nur dann, wenn die Einnahme von „Viagra“ angesichts des Gesundheitszustands des Patienten oder wegen der Einnahme sonstiger Medikamente von vornherein in höchstem Maße lebensgefährlich und damit absolut kontraindiziert sei. Das könne hier nach den Ausführungen des medizinischen Gutachtens nicht angenommen werden.
Das Oberlandesgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 3. Juli 2003 - 12 U 32/03 (nicht rechtskräftig)