VERKEHRSRECHT
Zur Aufsichtspflicht von Eltern während eines Kindergartenfestes
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Der spätere Kläger besuchte mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern Mitte Mai 2004 ein Kindergartenfest. Die späteren Beklagten sind die Eltern des am Schadenstag noch nicht siebenjährigen Kindes A.
In dem Kindergarten St. Benno in München waren im Garten jeweils ein Spielbereich für die Kinder und für die Eltern ein Biergartenbereich aufgebaut. Anlässlich der Eröffnungsansprache hatte die Kindergartenleiterin über Mikrofon darauf hingewiesen, dass sich die Kinder im Spielbereich aufhalten sollten und die Eltern aufpassen sollen, dass sich die Kinder nicht unbeaufsichtigt im Bereich der Biergartenwiese aufhalten. Dies schon deshalb, damit keine Gläser oder sonstiges Geschirr von den Tischen falle.
Die Ehefrau des Klägers hatte auf einer Biergartenbank Platz genommen und ihre Umhängetasche, in der sich unter anderem ihr sechs Monate altes Handy (Neupreis ? 329,00) befand, neben sich deponiert. Als nun die Ehefrau des Klägers mit ihren Kindern zum Würstlstand ging, begann A. auf der durch den Weggang freigewordenen Bank herum zu turnen. Dabei ging zunächst die Tasche der Ehefrau des Klägers zu Boden. Sodann warf A. die Biergartenbank selbst um, die unglücklicherweise genau auf die Tasche fiel und das darin enthaltene Handy zerstörte.
Der Kläger verlangte von den Beklagten ? 306,10. Diesen Betrag errechnete der Kläger aufgrund des Neupreises des Handys minus 10 % für die halbjährige Nutzungsdauer; zu diesem Betrag addierte er eine Unkostenpauschale von ? 10,00.
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten lehnte eine Zahlung ab. Daher verklagte der Kläger die Eltern des A. auf Zahlung von ? 306,10.
Der zuständige Richter wies die Klage in vollem Umfang ab. Ein Anspruch des Klägers aus der Verletzung der Aufsichtspflicht, die sich grundsätzlich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ableitet, sei vorliegend nicht gegeben. Aufgrund des vom Kläger selbst geschilderten Sachverhalts könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Schadensfall auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht zurückzuführen sei. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht vermochte der Richter keine besondere Gefährdungssituation darin zu sehen, dass sich ein knapp sieben-jähriges Kind im Rahmen eines Kindergartenfestes frei in dem dafür vorgesehenen Bereich bewege, ohne ständig von Aufsichtspersonen beaufsichtigt zu sein. Der Ansicht des Klägers, der ?Biergartenbereich? sei ein ?besonders gefährlicher Bereich?, erschien dem Gericht geradezu lebensfremd. Sollte die Kindergartenleiterin tatsächlich in ihrer Eingangsansprache die Eltern darauf aufmerksam gemacht haben, dass sie auf ihre Kinder im Bereich der Biergartenwiese besonders aufpassen sollten, sei dies ersichtlich dem Bestreben entsprungen, nicht selbst bei etwaigen Schadensfällen wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Anspruch genommen zu werden.
Bei dem Verfahren handelte es sich um ein sogenanntes ?Bagatellverfahren? nach der Zivilprozessordnung. Gegen ein Urteil in einem solchen Verfahren ist ein Rechtsmittel nur zulässig, wenn der Richter es ausdrücklich zulässt. Dies geschah nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hatte, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderte.
Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Urteil des Amtsgerichts München vom 01.07.2005; Aktenzeichen: 233 C 16808/05