STRAFRECHT
Herr Rechtsanwalt, wann bekomme ich im Strafrecht einen Eintrag im Führungszeugnis?
Autor: Thomas M. Amann - Rechtsanwalt
1. Das Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz - BZRG)
Dieses Gesetz regelt detailiert, was wann wie lange in welches Führungszeugnis eingetragen wird.
Grundsätzlich wird das Führungszeugnis auf Antrag von der dafür zuständigen Behörde (= das Bundeszentralregister in Bonn) für jede Person ab 14 Jahren ausgestellt. Aus einem Führungszeugnis geht hervor, ob jemand vorbestraft ist oder nicht.
Dabei gibt es zwei Arten von Führungszeugnissen:
a) Belegart N
b) Belegart O
Ein Führungszeugnis nach Belegart N (= sogenanntes Privatführungszeugnis) braucht man vor allem für den Arbeitgeber zum Nachweis, dass man nicht vorbestraft ist. Ein Führungszeugnis Belegart O (= sogenanntes Behördenführungszeugnis) wird z.B. für die Bewerbung bei einer Behörde benötigt. Dieses Führungszeugnis wird im Unterschied zum Privatführungszeugnis nicht dem Antragsteller, sondern regelmäßig der Behörde direkt zugesandt.
Die Angabe im Führungszeugnis "Inhalt: Keine Eintragung" bescheinigt der Person, über die es ausgestellt ist, dass sie nicht vorbestraft ist.
Sind Eintragungen vorhanden, sind hierzu aus dem Führungszeugnis bei beiden Arten folgende Daten ersichtlich:
a) Datum der Verurteilung
b) Gericht, das verurteilt hat
c) Aktenzeichen des Gerichts
d) Die begangene Straftat
e) Die Art und Höhe der erhaltenen Strafe
Diese Eintragungen können gerade beim Führungszeugnis der Belegart O den folgenden Berufsgruppen enorme Probleme bereiten:
a) Lehramtsanwärter
b) Bewerber für die Beamtenlaufbahn bzw. Justizlaufbahn
c) Anwärtern für das Referendariat
d) Beamte bzw. Verbeamtete
e) Antragsteller auf Zulassung zum Rechtsanwalt
f) Bestellung zum Steuerberater
g) Approbation zum Arzt, Mediziner, Apotheker und Psychotherapeuten
h) Dem Flugzeugführer bzw. Pilot (auch Flugbegleiter)
2. Was wird nicht ins Führungszeugnis eingetragen?
Nach § 32 BZRG werden neben Verwarnungen (§ 59 StGB) und Einstellungen gegen Auflagen (§ 153a StPO) grundsätzlich nicht ins Führungszeugnis alle Geldstrafen bis 90 Tagessätzen oder 3 Monaten Freiheitsstrafe eingetragen. Ausnahmen: Bestimmte Sexualdelikte und im Falle, dass bereits Voreintragungen im Bundeszentralregister existieren.
3. Wann werden Eintragungen aus dem Führungszeugnis gelöscht?
Nach § 34 BZRG wird aus dem Führungszeugnis grundsätzlich nach den folgenden Fristen gelöscht.
Drei Jahre bei Verurteilungen zu
a) Geldstrafe und Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, wenn die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 nicht vorliegen,
b) Freiheitsstrafe oder Strafarrest von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt, diese Entscheidung nicht widerrufen worden und im Register nicht außerdem Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe eingetragen ist,
c) Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr, wenn die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 nicht vorliegen oder
d) Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit gerichtlich oder im Gnadenweg erlassen worden ist.
Zehn Jahre bei Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr.
Fünf Jahre in den übrigen Fällen.
Nach § 46 BZRG wird aus dem Bundeszentralregister grundsätzlich nach den folgenden Fristen gelöscht.
Fünf Jahre bei Verurteilungen
a) zu Geldstrafe von nicht mehr als neunzig Tagessätzen, wenn keine Freiheitsstrafe, kein Strafarrest und keine Jugendstrafe im Register eingetragen ist,
b) zu Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist,
c) zu Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr,
d) zu Jugendstrafe von nicht mehr als zwei Jahren, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
e) zu Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit gerichtlich oder im Gnadenweg erlassen worden ist,
f) zu Jugendstrafe, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenweg als beseitigt erklärt worden ist und
g) durch welche eine Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 des Strafgesetzbuchs) mit Ausnahme der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für immer und des Berufsverbots für immer, eine Nebenstrafe oder eine Nebenfolge allein oder in Verbindung miteinander oder in Verbindung mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln angeordnet worden ist.
Zehn Jahre bei Verurteilungen zu
a) Geldstrafe und Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, wenn die Voraussetzungen der Nummer 1 Buchstaben a und b nicht vorliegen,
b) Freiheitsstrafe oder Strafarrest von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt worden und im Register nicht außerdem Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe eingetragen ist,
c) Jugendstrafe von mehr als einem Jahr, außer in den Fällen der Nummer 1 Buchstaben d bis f.
Zwanzig Jahre bei Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr.
Fünfzehn Jahre in allen übrigen Fällen.
3. Strafverfahren und Strafverteidigung
Auch bei dem vorliegenden Beitrag ist zu beachten, dass dessen kurze Ausführungen lediglich einen ersten groben Überblick über die aktuelle Rechtslage um den Bereich Bundeszentralregister / Führungszeugnis und einen Einblick in das äußerst komplexe Eintragungsverfahren und seine Rechtsfolgen geben. In keinem Fall können sie eine individuelle Rechtsberatung ersetzen, da jeder Fall grundsätzlich anders gelagert und mithin anders zu handhaben ist.
Besonders in Verfahren gegen Personen, die vom Führungszeugnis "abhängen" kann umso mehr erreicht werden, je früher ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger des Vertrauens eingeschaltet wird.
In Strafverfahren wie diesen, wie auch in allen anderen Strafverfahren, wird nämlich die Staatsanwaltschaft im Regelfall bestrebt sein, nach Abschluss der Ermittlungen schnellstmöglich Anklage gegen den Beschuldigten beim zuständigen Gericht zu erheben, um so eine öffentliche Hauptverhandlung und eine Verurteilung inkl. Einträgen im Führungszeugnis zu erreichen. Zur Vermeidung dessen wird (soweit dies der primären und sekundären Zielsetzung der Verteidigungsstrategie entspricht) der mit der Verteidigung beauftragte Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sämtliche strafprozessualen Mittel nutzen, um bereits in einem möglichst frühen Verfahrensstadium mit der Justiz ein alternatives außergerichtliches existenzerhaltendes Verfahrensbeendigungsszenario zu kreieren.
Erlangt zudem der Arbeitgeber, Dienstherr oder die zuständige Kammer auf die eine oder andere Art Kenntnis von dem laufenden Ermittlungsverfahren, sind unverzüglich die dienstrechtliche bzw. die arbeitsrechtliche Situation anwaltlich zu prüfen und ggf. geeignete (Gegen-) Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und zur Sicherung der Existenz bzw. Lebensgrundlage einzuleiten. Nicht jedes Strafverfahren berechtigt den Arbeitgeber zu einer Kündigung, einer Suspendierung oder zum Entzug einer Zulassung.
4. Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) an Behörden
Unterliegt der von einem Ermittlungsverfahren Betroffene der Aufsicht einer berufsständischen Einrichtung und ist dies der Strafjustiz (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht) bekannt, kann davon ausgegangen werden, dass die Justiz die zuständige Kammer über das Straf- bzw. über das Ermittlungsverfahren informieren wird.
So ist z.B. Nach Verordnung Nr. 26 der sogenannten Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) in Verbindung mit § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 EGGVG die zuständige Behörde und Berufskammer bei Strafsachen gegen Angehörige der Heilberufe - namentlich bei Strafsachen gegen Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Tierärztinnen und Tierärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, Hebammen und Entbindungspfleger - grundsätzlich über das Strafverfahren zu informieren, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufes zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen. Auch das kann sich existenzvernichtend auswirken.
Daher sollte unverzüglich der gewählten Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger hierauf angesprochen werden, damit dieser das Problemfeld Berufszulassung rechtzeitig in seine Verteidigungsstrategie miteinbeziehen und gemeinsam mit seinem Mandanten zielgerichtete effektive Verteidigungsmaßnahmen zur Lösung dieses Problems entwickeln kann.
In einer auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei wird man dem Beschuldigten im Rahmen der strafrechtlichen Betreuung selbstverständlich in der krisenhaften Situation auch menschlich unter Einbeziehung der aus der Strafverfolgung resultierenden beruflichen und persönlichen Konflikte beistehen.