VERWALTUNGSRECHT
Keine berufliche Rehabilitation für Stasi-Spitzel
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Leipzig (jur). Waren Verfolgte des früheren DDR-Regimes auch selbst als Stasi-Spitzel tätig, können sie im Nachhinein auch bei einer Reue keine berufliche Rehabilitation beanspruchen. Schon eine einzige Denunziation sei als Verstoß gegen die „Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit“ zu werten, so dass entsprechende Leistungen für erlittenes Unrecht ausgeschlossen sind, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am Dienstag, 25. August 2015 veröffentlichten Beschluss (Az.: 3 B 42.14).
Damit scheiterte eine Frau aus Berlin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht. Sie war im November 1980 wegen versuchter Republikflucht von den DDR-Behörden festgenommen worden. Sie wurde zwangsweise von ihrem begonnenen Fachschulstudium exmatrikuliert und im Januar 1981 schließlich wegen „versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts“ zu einer Haftstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt.
In der Haft verpflichtete sich die Klägerin zur Zusammenarbeit mit der Stasi. Daraufhin wurde sie vorzeitig aus der Haft entlassen und konnte ihr Studium an einer Medizinischen Fachschule wieder fortsetzen. Sie verfasste als Spitzel einen handschriftlichen Bericht über einen Vorgesetzten.
Danach verweigerte sie die Zusammenarbeit mit der Stasi und stellte einen Ausreiseantrag. Die DDR-Behörden ordneten daraufhin die Fortsetzung der ausgesetzten Haftstrafe an. Nach der Haft stellte sie im April 1984 erneut einen Ausreiseantrag und unterschrieb Monate später wiederum eine Verpflichtungserklärung „zur konspirativen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit“. Im Dezember 1985 konnte sie in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen.
Nach der Wiedervereinigung stellte sie schließlich wegen ihrer politischen Verfolgung und der damit verbundenen Haftstrafe einen Antrag auf berufliche Rehabilitierung. Nach den gesetzlichen Bestimmungen erhalten Betroffene dabei insbesondere einen Nachteilsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei einer besonderen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage können DDR-Opfer zudem bevorzugt beruflich fortgebildet und umgeschult werden.
Doch die zuständigen Behörden wiesen den Antrag auf berufliche Rehabilitierung wegen der freiwilligen Stasi-Spitzeldienste ab. Ihr sei vorzuwerfen, dass sie einen Vorgesetzten bei der Stasi denunziert habe.
Das Verwaltungsgericht Potsdam bestätigte diese Entscheidung.
Das Bundesverwaltungsgericht lehnte in seinem Beschluss vom 30. Juli 2015 die Zulassung der Revision nun ab. Die Klägerin habe sich zwar im Nachhinein von ihrer Spitzeltätigkeit distanziert; dies ändere aber nichts mehr an den Folgen, die ihr Verhalten bereits ausgelöst habe, so die Leipziger Richter. Hier habe die Frau einen Vorgesetzten denunziert, der dadurch gegebenenfalls Nachteile gehabt habe. Damit habe sie gegen die „Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit“ verstoßen, so dass ein Anspruch auf berufliche Rehabilitation nach dem Gesetz ausgeschlossen ist. Selbst eine einzige Denunziation könne hierfür ausreichen.
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