ERBRECHT
Englisches Erbrecht: Pflichtteil
Autor: Rechtsanwalt Jan-Hendrik Frank - Rechtsanwalt
Wir werden immer wieder gefragt, ob bei Anwendbarkeit des englischen Erbrechts ein Pflichtteil verlangt werden kann. Der Beitrag gibt eine kurze Einführung zu dieser Frage. Grundsatz der Testierfreiheit Das Erbrecht von England und Wales (nachfolgend "englisches Erbrecht") wird vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht. Das englische Erbrecht kennt daher inbesondere keinen Pflichtteil im Sinne des deutschen Erbrechts (anders: Schottland!). Zahlungen nach dem “Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975”
Nach dem “Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975” können bestimmte Personen aber Zahlungen aus dem Nachlass verlangen, wenn der in England & Wales domizilierte Erblasser diese Personen nicht angemessen („reasonable“) bedacht hat.
Berechtigter Personenkreis
Folgende Personen können berechtigt sein:
(a) der überlebende Ehegatte
(b) ein ehemaliger Ehegatte des Erblassers, sofern letzterer nicht erneut geheiratet hat.
(c) ein Kind des Erblassers;
(d) jede Person (die kein Kind des Erblassers ist), welche, in einer Ehe des Erblassers als Kind behandelt wurde.
(e) jede Person (welche nicht in den vorgehenden Abschnitten behandelt wurde) welche unmittelbar vor dem Tod ganz oder teilweise von dem Erblasser Unterhalt erhalten hat.
Der Antrag ist im Grundsatz binnen 6 Monaten nach Beginn der Nachlassverwaltung zu stellen.
Das Gericht kann periodische oder einmalige Zahlungen anordnen. Die Höhe richtet sich nach dem konkreten Einzelfall.
Ansprüche des erwachsenen Kindes
Lange Zeit bestand Einigkeit, dass erwachsene, arbeitsfähige Kinder keinen Anspruch haben. In jüngerer Zeit gab es allerdings einige Entscheidungen, in denen Zahlungen auch erwachsenen Kindern angeordnet wurden.
Ansprüche des überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte wird in aller Regel periodische Zahlungen verlangen können. Der überlebende Ehegatte hat außerdem unter Umständen Ansprüche am ehelichen Vermögen kraft Ehe.