VERWALTUNGSRECHT
Muslimischer Metzger hat Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung
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VERWALTUNGSGERICHTSHOF
19. Februar 2004
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Eilverfahren mit Beschluss vom 30. Januar 2004 entschieden, dass ein nichtdeutscher muslimischer Metzger einen Anspruch auf Erteilung einer ladenschlussrechtlichen Ausnahmegenehmigung hat, wenn der erste Tag des islamischen Opferfestes auf einen Sonntag fällt und der Metzger entsprechend islamischem Brauch an diesem Tag das Fleisch geschächteter Tiere verkaufen will.
Mit dieser Entscheidung wurde ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 30. Januar 2004 abgeändert, das den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt hatte.
Der u. a. für Gewerberecht 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat
entschieden, dass die Erteilung der Ausnahmegenehmigung - wie es im Ladenschlussgesetz
vorausgesetzt werde - "im öffentlichen Interesse dringend nötig" sei. Die einschlägige Bestimmung des Ladenschlussgesetzes sei im Lichte der grundrechtlich garantierten Religionsfreiheit des aantragstellenden Metzgers und seiner Kunden auszulegen. Hierbei folge der Senat der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002, wonach die Tätigkeit eines nichtdeutschen
gläubigen muslimischen Metzgers, der Tiere ohne Betäubung schlachten (schächten) will, um seinen Kunden in Übereinstimmung mit ihrer Glaubensüberzeugung den Genuss von Fleisch geschächteter Tiere zu ermöglichen, verfassungsrechtlich u. a. anhand von Art. 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit) so auszulegen sei, dass muslimische Metzger eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten erhalten könnten. Mit dieser Entscheidung habe das Bundesverfassungsgericht generell die Tätigkeit eines nichtdeutschen muslimischen Metzgers, der Tiere ohne Betäubung schächtet, unter den Schutz des Grundrechts der Religionsfreiheit gestellt. Zu der geschützten Tätigkeit des muslimischen Metzgers gehöre auch der Verkauf des Fleisches der geschlachteten Tiere.
Der Antragsteller habe glaubhaft gemacht, dass die muslimische Bevölkerung das gekaufte Fleisch an den drei Tagen des Opferfestes zum Teil an Arme und Bedürftige verteile sowie anlässlich der Feierlichkeiten selbst verzehre. Unter Berücksichtigung der geschützten Religionsausübung des Antragstellers und seiner Kunden sei davon auszugehen, dass der Fleischverkauf am Sonntag, dem 1. Februar 2004, dem Versorgungsinteresse des Antragstellers und seiner Kunden diene. Das "öffentliche
Interesse" im Sinne des Ladenschlussgesetzes setze nicht voraus, dass es um das Interesse einer Mehrheit in der Bevölkerung gehe. Vielmehr genüge es, dass die Ausnahme im Interesse einer Personengruppe erforderlich sei.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 8 TG 327/04