SOZIALRECHT
Umstellung bei Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst rechtmäßig
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Karlsruhe (jur). Nach jahrelangem Streit ist die Systemumstellung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nun rechtskräftig abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte am Mittwoch, 20. September 2023, dass früher beanstandete Nachteile für rentenferne Versicherte durch eine erneute Nachbesserung der VBL im Jahr 2018 beseitigt wurden (Az.: IV ZR 120/22).
Die VBL mit Sitz in Karlsruhe ist quasi die betriebliche Altersversorgung für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst. Beteiligt sind der Bund, die Länder sowie zahlreiche kommunale und andere öffentliche Arbeitgeber. Versichert sind rund fünf Millionen Arbeitnehmer; an 1,5 Millionen Ruheständler zahlt die VBL jährlich Leistungen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro aus. Zudem orientieren sich die kirchlichen Versorgungsträger an der VBL.
Früher war die VBL ein sogenanntes Gesamtversorgungssystem: Die gesetzliche Rente wurde auf 91,75 Prozent des letzten Nettoeinkommens aufgestockt. Dadurch wurden Arbeitnehmer begünstigt, die lange Jahre ein geringes, kurz vor der Rente aber ein hohes Einkommen hatten. Zudem rügte 1999 das Bundesverfassungsgericht eine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (Beschluss vom 25. August 1999, Az.: 1 BvR 1246/95).
Mit dem Tarifvertrag Altersversorgung (ATV) wurde die Versorgung zum Jahresbeginn 2002 teilweise auf ein Punktesystem umgestellt. 1,7 Millionen Versicherte unter 55 Jahren erhielten sogenannte Startgutschriften für das neue System.
Im Grundsatz hatte dies der BGH 2007 gebilligt; allerdings rügte er eine Regelung, die zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Beschäftigten führe, die erst spät in den öffentlichen Dienst eingetreten sind (Urteil vom 14.11.2007, Az.: IV ZR 74/06).
2011 einigten sich die Tarifparteien daher auf eine weitere Satzungsänderung. Insbesondere Staatsdiener mit längerer Ausbildungsdauer fühlten sich aber weiterhin benachteiligt, was eine erneute Klagewelle auslöste. Letztlich stellte auch der BGH fest, dass die 2007 festgestellte Ungleichbehandlung „auch durch die Neuregelung der Satzung für eine Vielzahl rentenferner Versicherter nicht beseitigt“ wurde (Urteile vom 9. März 2016, Az.: IV ZR 9/15 und IV ZR 168/15).
Mit Tarifvertrag von Juni 2017 einigten sich die Tarifparteien daher auf weitere Änderungen, die die VBL zum März 2018 in ihre Satzung aufnahm.
Die Klägerin in dem nun entschiedenen Streit war auch damit nicht einverstanden. Der BGH wies ihre Klage jedoch ab. Insbesondere die Nachteile für Versicherte mit langen Ausbildungszeiten seien nunmehr beseitigt worden. Dass die höchstmögliche Versorgung nur mit einer Versicherungszeit von mindestens 40 Jahren erreicht werden kann, sei nicht zu beanstanden.
Weiter billigten es die Karlsruher Richter, dass die Höhe einer anzurechnenden gesetzlichen Rente nicht individuell, sondern pauschal nach einem „Näherungsverfahren“ berechnet wird. Mögliche Ungerechtigkeiten seien im Zuge eines hoch komplizierten Massenverfahrens wie hier der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst hinzunehmen. Zu einer indirekten Frauendiskriminierung führe dies nicht.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock